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Credit Suisse zahlte als Folge des Datenlecks eine Millionenstrafe.

Foto: EPA

Wien - Für manche ist er ein gewöhnlicher Verbrecher, für andere ein Ehrenmann, mit dessen Hilfe ein kriminelles Netzwerk aufgedeckt wurde. Die Rede ist vom Tiroler Wolfgang U.: Der Unternehmer war im Jahr 2010 der Mittelsmann beim Verkauf von in der Schweiz gestohlenen Bankdaten an Steuerfahnder in Nordrhein-Westfalen. Die Daten stammten von Kunden der Credit Suisse, die Schwarzgeld in die Schweiz geschafft hatten. Mit den Informationen konnten in Deutschland zahlreiche Steuerbetrüger überführt werden.

Für die Weitergabe der Daten bekam U. gemeinsam mit einem Freund und Komplizen 2,5 Millionen Euro. Das Geld brachte ihm kein Glück: U. wurde in der Schweiz verhaftet und nahm sich im September 2010 während seiner Untersuchungshaft das Leben.

Finale Runde

Seit Jahren prozessieren die Eltern des Österreichers gegen die Staatsanwaltschaft in Bern um das Erbe. Für die Schweizer gelten die 2,5 Millionen als Erlös aus einem Verbrechen, das sie einziehen wollen. Der Fall beschäftigte bereits Behörden in vier Staaten. Wie DER STANDARD erfuhr, geht der Fall nun in die finale Runde. Alles deutet darauf hin, dass die Schweizer das (Steuer-)Geld aus Deutschland bekommen werden.

Wie berichtet, haben die Fahnder aus Nordrhein-Westfalen die 2,5 Millionen auf Konten von U. in Vorarlberg, Tschechien und Deutschland überwiesen. Die Gelder in Tschechien und Österreich wurden auf Antrag der Schweizer eingefroren. Allein bei einer Dornbirner Bank liegen rund 900.000 Euro.

Zunächst haben die Anwälte der Familie U. versucht, die Sperren in Österreich und Tschechien aufzuheben. Ohne Erfolg: Zuletzt hat das Oberlandesgericht Innsbruck alle Beschwerden zurückgewiesen. Auch der Einwand, U. habe keine Straftat begangen, weil er selbst Verbrecher überführte, wurde juristisch nicht akzeptiert.

Codewort Panini

Als letzten Ausweg legte die Familie Beschwerde beim Bundesstrafgericht in Bellinzona (Schweiz) ein. In ihrem Beschluss, der dem STANDARD vorliegt, haben die Richter der Staatsanwaltschaft recht gegeben. Der Entscheid liest sich wie ein Krimi.

Die Anwälte der Familie U. haben eingewandt, dass es gar nicht bewiesen sei, dass U. die 2,5 Millionen Euro für einen Datendiebstahl erhielt. Der ebenfalls verurteilte Komplize des Österreichers - er war bei der Credit Suisse angestellt - habe U. zwar in Befragungen 2010 belastet. Aber doch vor allem, um sich selbst zu entlasten. Das Gericht dagegen meint, dass es an der Täterschaft des Österreichers keinen Zweifel gebe.

So gibt es etwa eine Reihe von SMS zwischen U. und seinem Freund, die zeigen, wie sich die beiden monatelang auf den Datenaustausch vorbereiteten und mit den Steuerfahndern besprachen, welche Infos sie liefern sollten. Es gab auch eigene Codewörter, die Steuersünder hießen in den SMS von U. etwa die "Panini-Typen".

"Calling Germany"

Die Telefonnummern, die im Handy des Österreichers gefunden wurden, ließen sich zudem per Google-Suche der Finanzpolizei in Deutschland zuordnen. Hinzu kamen Kalendereinträge mit dem Stichwort "Calling Germany".

Als letzte Möglichkeit hat der Familienanwalt nun Berufung eingelegt. Er argumentiert unter anderem damit, dass das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Österreich die Einstellung aller Strafverfahren in Zusammenhang mit dem Ankauf von Steuer-CDs verfügt. In Österreich haben die Gerichte diesen Einwand nicht akzeptiert. Der endgültige Entscheid in der Causa dürfte in wenigen Wochen ergehen. (András Szigetvari, DER STANDARD, 11.11.2014)