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Die Wiener Skyline wird bald noch dichter werden. Die Stadt muss sich auf das Wachstum einstellen.
Bis 2029 soll Wien eine Bevölkerungszahl von zwei Millionen erreichen. Daher investiert die Stadt Wien erhebliche Mittel um neuen, leistbaren Wohnraum zu schaffen. Zusätzlich dazu schlägt die Junge Generation in der SPÖ-Wien im Rahmen ihrer Kampagne "Wohnfühlen in Wien" in den nächsten Wochen vier konkrete Maßnahmen vor, um die Wohnungssituation in Wien weiter zu verbessern. Die erste ist die Einführung einer Leerstandsabgabe.
Wien wächst
Wien wächst jährlich um 24.000 Personen. Das entspricht in etwa der Größenordnung der Stadt Krems. Dieser Zuzug erhöht die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum in Wien von Tag zu Tag. Die Stadt Wien steuert mit jährlich 7.000 neuen geförderten Wohnungen gegen. Das ist beispielgebend für ganz Europa, kann aber dennoch die enorme Nachfrage nicht abdecken. Insbesondere am privaten Markt steigen die Mieten seit Jahren kontinuierlich an. Alleine zwischen 2009 und 2013 um 17,2 Prozent.
Mieten werden teurer
Besonders betroffen von diesen Mietsteigerungen sind junge Wienerinnen und Wiener. Sie haben überwiegend neue Mietverträge und zahlen daher mit Abstand am meisten – in manchen Fällen die Hälfte des monatlichen Haushaltseinkommens.
Seit Jahren blockiert die ÖVP auf Bundesebene eine Mietrechtsreform, die die Preissteigerungen im privaten Bereich, mittels Zuschlagsbegrenzungen oder Beschränkung der Befristungen, eindämmen würde. Angesichts der steigenden Nachfrage in Wien, kann nicht länger auf ein Einlenken der ÖVP gewartet werden.
Die Stadt muss selbst aktiv werden und zusätzlich zu den Anstrengungen im geförderten Bereich auch bestehende Wohnungen im privaten Bereich für den Markt mobilisieren.
100.000 Wohnungen leer?
Auf der Fachtagung "Wien wohnt" der Arbeiterkammer Wien am 04.11.2014 schätzte Stadtplaner Peter Moser den Wohnungs-Leerstand in Wien auf bis zu 100.000 Wohnungen. Viele dieser Wohnungen stehen leer, um die Preise künstlich hoch zu halten. Das ist ein enormes Potential, das dem privaten Wohnungsmarkt in Wien entzogen wird.
Wenn diese Wohnungen zur Vermietung angeboten werden, anstatt als Spekulationsobjekte leer zu stehen, würde sich das Angebot massiv erhöhen – und damit würden auch die Preise am Privatmarkt sinken.
Niemand weiß, wieviele Wohnungen genau leer sind
Zahlen von 30.000-100.000 kursierten in den vergangenen Jahren durch die Medien. Fest steht, dass niemand genau weiß, wie viele Wohnungen in Wien tatsächlich leer stehen. Der Leerstand wurde schon seit über zwanzig Jahren nicht mehr erhoben. Daher fordert die Junge Generation in der SPÖ-Wien in einem ersten Schritt eine verpflichtende Meldung von Objekten, die länger als sechs Monate leer stehen.
In einem zweiten Schritt soll dann der unbegründete Leerstand ab einem Jahr mit einer Abgabe erfasst werden. Als begründeter Leerstand zu werten – und damit nicht von der Abgabe betroffen – sind laufende Sanierungen oder Verlassenschaften, gemeldete Zweitwohnsitze oder Wohnungen von Menschen mit vorübergehendem Auslandsaufenthalt mit Rückkehrabsicht.
Die Einnahmen der Abgabe sollen aus Sicht der JG Wien dem sozialen Wohnbau zweckgewidmet werden und damit auch dazu dienen, das Wohnungsangebot weiter zu vergrößern.
Hilfe für Einkaufsstraßen
Auch aus einem zweiten Aspekt zeigen sich die Vorteile einer Mobilisierung von bestehendem Leerstand. Verwaiste Einkaufsstraßen nehmen aufgrund von geändertem Einkaufsverhalten (Einkaufszentren, Internethandel,…) und steigender Kosten zu. Das führt zu einer Verschlechterung der Nahversorgung.
Auch hier könnte eine Leerstandsabgabe Abhilfe schaffen. Eine Meldepflicht des bestehenden Leerstandes bei Geschäftslokalen wäre eine wichtige Voraussetzung für die Stadt um Potentiale der Zwischennutzung festzustellen und entsprechend zu vermitteln. In Amsterdam zeigt sich bereits, dass eine solche Regelung kreative Nutzungen aus dem kulturellen oder sozialen Raum befördert und damit verwaiste Straßen wiederbelebt werden können.
In weiterer Folge würde eine Abgabe nach einem Jahr unbegründetem Leerstand auch hier zu Preissenkungen führen und damit auch kleinen Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Möglichkeiten geben.
Leerstandsabgabe aus rechtlicher Sicht
Als Argument gegen eine Abgabe wird immer wieder ins Treffen geführt, dass der Verfassungsgerichtshof so eine Abgabe bereits im Jahr 1985 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Das ist richtig. Jedoch blendet diese Kritik die Begründung in dem Erkenntnis des VfGH aus. Die Abgabe wurde vor allem aufgehoben, weil sie so hoch war, dass der VfGH einen Eingriff in das Volkswohnungswesens sah. Gleichzeitig wurde in dem Erkenntnis aber auch festgehalten, dass eine Leerstandsabgabe auf kommunaler Ebene grundsätzlich nicht verfassungswidrig ist. Beachtet man bei einer Einführung also die damaligen Gründe, spricht rechtlich nichts gegen die Einführung einer Leerstandsabgabe in Wien. Eine Abgabe auf kommunaler Ebene hat derzeit die Stadt Hamburg.
Leerstandsabgabe aus politischer Sicht
Die Junge Generation steht mit ihrer Forderung nicht alleine da. Starke Unterstützung kommt von der Mietervereinigung, die bereits mehrfach die Einführung so einer Abgabe gefordert hat. Auch die Basis der SPÖ-Wien steht hinter dieser Forderung, beispielgebend dafür sind zwei Beschlüsse des Wiener Landesparteitages für die Einführung einer Leerstandsabgabe. (Marcus Gremel, derStandard.at, 11.11.2014)