Dass niemand wirklich weiß, wie viele Wohnungen in Wien leer stehen, ist für Bürgermeister Häupl kein zufriedenstellender Zustand. Allerdings ist Leerstand immer auch eine Definitionsfrage.

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Wien – Niemand weiß, wie hoch die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Wien ist. Seit vielen Jahren geistert die Zahl von 80.000 durch die Medien, neuere Schätzungen reichen von 30.000 (Wohnbauressort) bis zu 100.000 Wohneinheiten (diverse Stadtplaner). Die große Bandbreite kommt nicht von ungefähr: "Seit mehr als 20 Jahren gab es keine Erhebung mehr", kritisierte Stadtforscher Peter Moser vergangene Woche auf einer AK-Tagung.

Meldungspflicht gefordert

Eine Wissenslücke, die auch dem Bürgermeister nicht entgangen ist. Ja, es störe ihn sehr, nicht zu wissen, wie hoch der Leerstand ist, sagt Michael Häupl (SP) zum STANDARD. "Denn wir verlangen einerseits von der Wohnungswirtschaft, dass sie rund 12.000 Wohnungen neu baut, 8000 davon gefördert. Auf der anderen Seite sind wir nicht in der Lage zu sagen, ob am Bedarf vorbeiproduziert wird."

Zuvor forderte auch die Junge Generation (JG) in der SPÖ Wien Klarheit: Eine verpflichtende Meldung müsse kommen, sobald eine Wohnung länger als sechs Monate leersteht, so Vorsitzender Marcus Gremel. Und auf dieser neuen Basis sollte dann auch eine Leerstandsabgabe eingeführt werden. Er denkt an einen Euro pro Quadratmeter und Monat.

"Vernünftiger Vorschlag"

Häupl hält das für einen "vernünftigen Vorschlag", weshalb er nun Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SP) den "klaren Auftrag" gibt, "entsprechende Analysen durchzuführen und die Leerstandsabgabe vorzubereiten".

Im Wohnbauressort gibt man sich dazu zunächst pragmatisch: "Wenn der Bürgermeister Zahlen haben will, dann wird er sie bekommen", sagt Sprecher Hanno Csisinko. Er macht aber auch klar, dass man im Ressort derzeit weder eine Notwendigkeit für eine neue Erhebung noch eine rechtliche Möglichkeit für deren Umsetzung sieht. Denn auf Wiener Ebene sei weder eine verpflichtende Leerstandsmeldung noch eine Leerstandsabgabe zu machen – "das ist Bundessache".

Was den Bedarf an aktuellen Zahlen betrifft, habe man "alle Informationen, die im Moment für uns ausreichend sind", sagt Csisinko und verweist auf Aussagen der Wiener Wohnbauforschung vor einem Jahr, wonach man sich mit rund 30.000 leerstehenden Wohnungen "hart an der Mobilitätsgrenze" bewege. Conclusio: "Wir sehen kein Riesenproblem."

Abgabe gab es in den 1980ern

Eine Leerstandsabgabe gab es in Wien in den 1980er-Jahren schon einmal. Damals war für eine unvermietete Wohnung vom Eigentümer je nach Kategorie eine Abgabe von bis zu 66 Schilling je Quadratmeter und Monat zu zahlen, sobald sie sechs Monate leer stand. Der Verfassungsgerichtshof hob die Regelung 1985 auf.

Eine Verfassungsklage würde wohl neuerlich drohen, sollte die Abgabe wieder eingeführt werden. Häupl wünscht sich dennoch, dass eine Abgabe zumindest geprüft wird.

Beim Verband der Immobilienwirtschaft hätte man auch gerne valide Zahlen - und sei es nur, um eines zu zeigen: "Die wenigsten Eigentümer lassen ihre Wohnung gerne leerstehen. Jeder Eigentümer hat nämlich die Folgen des Leerstands selbst zu tragen", sagt Geschäftsführer Anton Holzapfel. Dass es Wohnungseigentümer gibt, die schlicht ihr Geld parken und deshalb nicht vermieten wollen, räumt aber auch er ein.

Thermen-Erhaltung geregelt

Was das Vermieten betrifft, wurde am Dienstag im Ministerrat ein umstrittener Graubereich beseitigt: Die Erhaltung einer Heiztherme ist künftig Sache des Vermieters, für die Wartung ist der Mieter zuständig. Die Novelle soll am 1. März 2015 in Kraft treten. Außerdem wurde die Reparatur des Wohnungseigentumsgesetzes beschlossen, die Probleme bei der rechtlichen Zuordnung von Zubehör-Wohnungseigentum, wie etwa Kellerabteile oder Parkplätze, beseitigen soll. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 12.11.2014)