London/Washington/Bern/Wien - In der Marketingabteilung einer großen Bank zu arbeiten bleibt wohl auf absehbare Zeit unlustig. Am Mittwoch haben Aufsichtsbehörden der USA, Großbritannien und der Schweiz bekanntgegeben, dass sie sich mit sechs Banken auf Vergleiche in der Höhe von 4,3 Milliarden Dollar wegen der versuchten Manipulation von Währungskursen und mangelnder interner Kontrolle geeinigt haben. Am meisten zahlen die US-Banken Citigroup und JPMorgan mit jeweils etwa einer Milliarde Dollar. Die Schweizer UBS kommt auf knapp 800 Millionen Dollar, die britischen Institute Royal Bank of Scotland und HSBC auf 634 bzw. 618 Millionen Dollar an Vergleichszahlungen. Die Bank of America zahlt 250 Millionen Dollar.

So schnell dürften die schlechten Nachrichten auch kein Ende nehmen. Vergleichsverhandlungen mit Barclays laufen noch, die Deutsche Bank hat etwa außerdem schon Rückstellungen für potenzielle Strafen gebildet. Nach zahlreichen anderen Skandalen, wie etwa der Manipulation der Referenzzinssätze Libor und Euribor, der Manipulation von Goldkursen und Milliarden-Strafen für den Verkauf von schwindligen Hypothekenkrediten schüttet der Devisenskandal den nächsten Kübel Wasser ins ohnehin längst übergelaufene Fass. Laut US-Aufsicht hätten Mitarbeiter der Banken selbst dann noch versucht, Kurse zu manipulieren, als in ihren Häusern schon Ermittlungen wegen des Libor-Skandals stattfanden.

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Für die Banken besonders peinlich sind die Dokumente, die die Aufsichtsbehörden veröffentlicht haben. In ihnen kann man nachlesen, wie sich Händler in Online-Chats absprechen und nach erfolgreicher Manipulation gegenseitig loben. Ein UBS-Trader schrieb etwa nach einem Deal: "Call me legend!! Front run legend." "Front running" heißt, Informationen über Transaktionen von Kunden zu nutzen, um eigene Profite zu machen. Bei einem anderen Deal schreibt ein Händler: "Das hat gut funktioniert, Alter."

Ein Beispiel für so einen Deal: Ein Händler der Citibank hat sich mit Kollegen von fünf anderen Banken abgesprochen, um den Euro-Dollar-Kurs leicht nach oben zu schieben. Dabei wurden eigentlich vertrauliche Kundendaten ausgetauscht. Der Händler kaufte vorher günstigere Euros auf, der Citibank brachte das in weniger als einer halben Stunde 99.000 Dollar ein. Schon beim Libor-Skandal wurden Gespräche aus Online-Chats öffentlich. Einige Banken haben ihren Mitarbeitern das Verwenden solcher Chats mittlerweile untersagt.

Screenshot cftc.gov

Die Skandale sorgen aber nicht nur bankintern für Kopfschmerzen. Als Folge der Strafen flammt auch die Debatte über eine grundlegende Reform der internationalen Richtpreise auf den Finanzmärkten auf. Derzeit wird daran gearbeitet, das System der internationalen Goldpreisbildung zu reformieren. Bei Silber ist das schon passiert. Der Goldpreis wird in London noch zweimal am Tag von vier Banken festgesetzt. Die New Yorker Ökonomin Rosa Abrantes-Metz, die als einer der ersten Tricksereien bei Gold nachgewiesen hat, fordert deshalb eine umfassende Reform. Referenzpreise sollen künftig nicht mehr so wie der Libor auf Basis von Befragungen und Absprachen (Gold) durchgeführt werden.

Stattdessen sollten getätigteTransaktionen an den Märkten elektronisch erfasst werden. Der Computer soll dann Durchschnittspreise ausspucken. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten. Am Währungsmarkt haben die Banken den so ermittelten WM/Reuters-Kurs manipuliert. Der Kurs dient etwa Versicherungen und Fonds dazu, den Wert ihrer Anlagen in verschiedenen Währungen zu bestimmen. Ermittelt wird er auf Basis realer Transaktionen in einem 60-Sekunden-Fenster. Abrantes-Metz fordert: Der Kurs soll anhand des Durchschnitts eines ganzen Tages ermittelt werden. Außerdem gehöre die Aufsicht verstärkt. (sat, szi, DER STANDARD, 13.11.2014)