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Das NSA-Hauptquartier in Fort Meade, USA. Von hier aus wurden Analysten und Experten in den Irak geschickt

Reuters

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Die US-Truppen setzten zunehmend auf Drohnen: zur Aufklärung, zum Abhören – und zum Töten.

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Aus heutiger Sicht, mit dem Aufstieg der Terrormiliz "Islamischer Staat", wirkt die Erfolgsphase der US-Truppen im Irak weit entfernt. Doch tatsächlich hatten die US-Truppen vor ihrem 2009 begonnenen und 2011 beendeten Abzug erhebliche Fortschritte gemacht. Das gründete, so die Meinung von Militärhistorikern und den US-Generälen selbst, auf drei Säulen: Einerseits half eine Erhöhung der Truppenstärke, für Ruhe zu sorgen. Zusätzlich wurde – oft mit finanziellen Anreizen – die Gunst zahlreicher Stämme gewonnen. Vor allem aber waren die positiven Entwicklungen auf eine weltweit berüchtigte Buchstabenkombination zurückzuführen: NSA.

Militärischer Geheimdienst

Denn der US-amerikanische Geheimdienst, der für seine globalen Überwachungsmaßnahmen gegen unbescholtene Bürger scharf kritisiert wird, ist primär ein militärischer Geheimdienst, der Informationen für die US-Truppen aufbereiten soll. Das war bereits im Vietnam-Krieg so, und Vorläuferorganisationen sollen gemeinsam mit britischen Äquivalenten schon im Zweiten Weltkrieg entscheidende Erfolge errungen haben.

SIGINT-Aktivitäten

Im Irak begannen Erfolge durch die NSA vor allem ab 2007 konkret zu werden. Im Zuge der Truppenaufstockung kam auch eine neue Welle an SIGINT-Spezialisten des Geheimdienstes ins Land. Ihre Aufgabe ist es, Signale abzufangen und dann zu analysieren (Signals Intelligence). Waren das vor sehr langer Zeit noch Telegramme und Depeschen, verwandelte sich das später in Satellitenkommunikation. Heute stehen primär Internet- und Mobilfunkkommunikation im Fokus, wie auch Bürger von an Kriegen unbeteiligten Nationen dank der Informationen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden erfahren haben.

Irakische Mobilfunknetze übernommen

Die irakischen Mobilfunknetze waren einer der ersten Bereiche, die nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein von US-Konzernen erobert wurden. Die Branche zeigt exemplarisch, welche vermeintlich positiven Konsequenzen der Krieg für US-Unternehmen hat – und welcher Haken dabei in puncto Souveränität entsteht. Denn die US-Firmen ermöglichten der irakischen Bevölkerung zwar Mobilfunk, gewährten den US-Geheimdiensten aber wiederum Zugriff auf die Kommunikationsinfrastruktur. Angeblich sollen dabei dutzende Millionen Dollar geflossen sein. In den von Snowden an die Öffentlichkeit gebrachten NSA-Dokumenten taucht der Irak als Teil des "Mystic"-Programms auf, das die gesamte Telekommunikation eines Landes überwacht.

Kartografie des Terrors

Auch wenn die Terroristen natürlich über die Überwachungsmaßnahmen Bescheid wussten, konnte die NSA wertvolle Informationen zu deren Plänen, Aufenthaltsorten und Strukturen erstellen. Denn die aufständischen Gruppen mussten kommunizieren, ihnen blieb keine Wahl. Durch die Inhalts- und Metadaten der Kommunikationsakte konnte das US-Militär dank NSA quasi eine "Kartografie des Terrorismus" erstellen und Ziele markieren.

Anruf ist Todesurteil

Griff nun ein gesuchter Terrorist zum Telefon, wusste die US-Kommandozentrale sofort Bescheid. Daraufhin wurden Drohnen oder ein Einsatzkommando losgeschickt, um die Zielperson auszuschalten. Wurde die Aufgabe von unbemannten Flugkörpern übernommen, rückte anschließend ein Team aus, um Dokumente und elektronische Geräte des Drohnenopfers einzusammeln. So wollten die NSA-Spezialisten, denen die Funde ausgehändigt wurden, Spuren zu Geldflüssen, etwa von Saudi-Arabien oder Katar, ausmachen. Eine Methodik, die von den USA auch in anderen Staaten, mit denen sie offiziell nicht im Krieg liegen, angewandt wird – etwa in Somalia, im Jemen und in Pakistan.

Terrorgruppe gehackt

Zusätzlich steuerte die NSA Malware und Hacker-Fähigkeiten bei, um das Netzwerk der Terroristen zu infiltrieren. Mit Schadsoftware wurden Mobiltelefone geknackt, das NSA-Spezialkommando "Tailored Access Operations" visierte Anführer der damals im Entstehen begriffenen Terrorgruppe "Islamischer Staat" an. So wurde laut Angaben aus NSA-Kreisen etwa ein Bombenbauer identifiziert, außerdem wurden zahlreiche Raketen sichergestellt.

Neue Art der Kriegsführung

Die Erfahrungen im Irak-Krieg hätten verändert, wie die USA Kriege führen, urteilt der Journalist Shane Harris, der soeben mit "@War" eine Analyse der Cyberkriegsführung der US-Armee vorgelegt hat. Ein Vorabdruck ist auf "The Daily Beast" zu lesen – und lässt vermuten, dass die Unterstützung der NSA in US-Politik und -Armee nicht sinken wird. Im Gegenteil. (fsc, derStandard.at, 12.11.2014)