Die großen US-Rüstungskonzerne haben Drohnen auf die Kriegsschauplätze dieser Welt gebracht. Eine chinesische Firma macht diese Technologie jetzt für die Massen erschwinglich. Innerhalb weniger Jahre stieg die die Firma SZ DJI Technology zum weltweit größten Hersteller von Drohnen für Verbraucher auf. Die Chinesen verkauft Tausende der nicht viel mehr als ein Kilo schweren Geräte für rund 1.000 US-Dollar. Derweil schaffte es DJI, die erste chinesische Marke zu werden, die Pionier auf einem globalen Verbrauchsgüter-Markt ist.
Aushängeschilder für die blühende Drohnenära
Die DJI-Maschinen haben vier Propeller und werden Phantoms genannt. Sie sind so etwas wie Aushängeschilder für die blühende Drohnenära. Die mit Kameras ausgerüsteten Roboter kann so ziemlich jeder fliegen. Sie werden für Extremsportarten, Feuerwerke und sogar die Niagarafälle eingesetzt. Selbst Apple-Mitbegründer Steve Wozniak schwört auf diese Produkte. "Die DJI-Phantom-Serie ist wie einst das Modell T von Ford", meint Journalistik-Professor Matt Waite von der University of Nebraska.
DJI will am Mittwoch eine neue qualitativ hochwertige Drohne vorstellen - die Inspire. Doch es gibt bereits ganz reale Stolpersteine für den Einsatz der Drohnen. Ein wütender Einwohner von New Jersey schoss jüngst die Phantom seines Nachbarn mit einem Gewehr vom Himmel. Die Sache landete vor Gericht. Ein Mann startete eine Phantom von einem Hochhaus in Manhattan, der knapp neben einem Fußgänger abstürzte. Das brachte ihm eine Strafe von 2.200 Dollar der Flugsicherheitsbehörde ein. Außerdem sorgte eine Drohne weltweit für Furore, als das Fußballspiel zwischen Serbien und Albanien wegen des Auftauchens einer Phantom mit einer Fahne und anschließender Tumulte abgebrochen werden musste.
Hilfskräfte setzen mittlerweile Phantoms ein, um nach Überlebenden von Erdbeben zu suchen. Aber auch die Terrorgruppe Islamische Staat hat die Technologie für sich entdeckt und nutzt sie offenbar für Aufklärungsflüge über Syrien.
Erste Wahl für Agrarwirtschaft und Baubranche
Phantoms sind erste Wahl für Unternehmer in den USA, die sie für Filmaufnahmen, Agrarwirtschaft oder in der Baubranche nutzen. Das alles geschieht trotz eines Moratoriums der US-Flugaufsicht FAA für kommerzielle Drohnen. Die Behörde will bis Ende 2014 Regeln für die Regulierung der schnell wachsenden Branche vorlegen. Das könnte Folgen haben und auf Kosten des Wachstums von DJI und anderer Hersteller gehen.
DJI und dessen Konkurrenten argumentieren: Ähnlich wie Autobauer können sie letztlich nicht kontrollieren, wofür ihre Geräte eingesetzt werden. Sie hätten aber einige Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. So seien die Drohnen so programmiert, dass sie nicht höher als 300 Meter steigen können und sich nicht in die Nähe von Flughäfen steuern lassen.
DJI musste sich unterdessen für Probleme wappnen, die mit dem schnellen Erfolg einhergehen. Viele Startups versuchen in deren Fußstapfen zu treten, und es gibt zahlreiche Kundenbeschwerden. Sein Unternehmen kämpfe noch damit, wie sich die immer größere Zahl an Kunden handhaben lasse, räumt der 34-jährige Gründer und Chef Frank Wang ein. "Wir können das alles in der Tat noch viel besser machen", sagte er in einem Interview.
Aus dem Nichts gestartet
DJI hat in vielerlei Hinsicht ein Produkt geschaffen, das das erste seiner Art ist. Zu einer Zeit, in der viele Hobbybastler selbst an ihren Drohnen tüftelten, entwickelte die Firma Systeme, die das Fluggerät und die Kameras stabilisierten. Die Drohnen lassen sich direkt auspacken und losfliegen. "DJI startete aus dem Nichts in dieser sehr speziellen Kategorie und ist jetzt ein globaler Marktführer", meint Edward Tse von der Beratungsfirma Gao Feng Advisory.
Wang gründete DJI im Jahr 2006 in seinem Studentenzimmer an der Hongkong University of Science and Technology, wo er als Ingenieur seinen Abschluss machte. Er wollte nach eigenen Angaben schon immer Drohnen produzieren. Das fing schon an, als ihm im Kindesalter ein Modellflugzeug abstürzte.
Er dachte vom Start seines Unternehmens an in großen Kategorien und nahm die Märkte in den USA und Deutschland fest ins Visier. Bereits früh reiste er zu Messen ins Ausland und heuerte Ausländer für Top-Positionen in seinem Unternehmen an – eine Seltenheit bei chinesischen Firmen. DJI ist nicht börsennotiert und macht keine Angaben zu seinen Gewinnen oder der genauen Besitzerstruktur. Das Unternehmen hat nach eigener Auskunft aber kaum Kapital bei Dritten eingesammelt und finanziert seine Expansion hauptsächlich aus dem Cashflow.
Kommerzieller Erfolg
Der kommerzielle Einsatz von Drohnen ist auf dem Vormarsch. Die Eroberung des Himmels erfolgt trotz umfangreicher Verbote in den USA. Die FAA will jetzt jedoch möglicherweise ihre strikten Regeln lockern. Aber die Behörde agiert vorsichtig, da die Technologie potenziell gefährlich ist und Fragen zum Schutz der Privatsphäre aufwirft.
Einer der ersten Meilensteine für kommerzielle Drohnen in den USA war die Gründung von 3D Robotics im Jahr 2009. Die Firma ist mittlerweile einer der führenden Hersteller von Verbraucherdrohnen und Flugkontrollsystemen, mit denen Kunden ihre eigenen Drohnen basteln können. Mitgründer Chris Anderson hat auch die Webseite DIYDrones.com für Drohnenenthusiasten ins Leben gerufen. Im Jahre 2010 hatte die AR.Drone von der französischen Parrot SA ihren Jungfernflug. Das Gerät lässt sich per Smartphone kontrollieren und kostet gerade einmal 300 Dollar. Es ist für viele Drohnenenthusiasten das Einsteigermodell.
Die chinesische DJI führte im Januar 2013 ihre Phantom auf dem Markt ein. Sie kostet weniger als 1.000 Dollar und trägt eine GoPro-Kamera mit sich. Das Gerät ist besonders beliebt beim Fotografieren aus der Luft.
Amazon-Pläne
Online-Händler Amazon verblüffte im Dezember 2013 die Öffentlichkeit mit Plänen, seine Pakete per Drohne zuzustellen. Der Dienst nennt sich Amazon Prime Air. Das Unternehmen verfügt über einen Prototypen, den Amazon jüngst im Fernsehen vorstellte. Kleine Pakete sollen mit dem Dienst in weniger als 30 Minuten zum Verbraucher kommen. Es braucht allerdings einige Zeit, bis sich in den Köpfen der Menschen Drohnen von ihrem Image als Kriegsgerät zu ganz normalen Verbraucherprodukten wandeln.
Kommerzieller Drohneneinsatz ist auf dem Vormarsch in großen Branchen wie der Filmindustrie, der Agrarwirtschaft und der Baubranche. "Es hat meine Welt erschüttert", schwärmt Fotograf Russell Preston Brown von Adobe Systems, der die berühmte Photoshop-Software mitkreierte. "Sie können diese kleine Kamera an einem Platz positionieren, an dem noch niemals zuvor jemand war."
Der Trend erfasst DJI. Das Geschäft brummt. Noch vor drei Jahren hatte das Unternehmen 90 Angestellte mit 4,2 Millionen Dollar Umsatz. Vor einem Jahr erlösten die Chinesen 130 Millionen Euro und beschäftigten 1.240 Mitarbeiter. Heute sind es 2.800 Beschäftigte. Der Absatz soll in diesem Jahr drei- bis fünfmal höher ausfallen als im Jahr 2013.
Wachstumsprobleme
Doch die junge DJI hat auch Wachstumsprobleme. Eine oft gehörte Beschwerde: Phantoms verabschieden sich plötzlich, fliegen weg und tauchen nirgendwo wieder auf. Es gibt Anzeigen, in denen nach verlorenen Phantoms gesucht wird. Sogar eine 1.700-Mitglieder starke Facebook-Gruppe existiert heute, bei der sich angeblich Hobby-Piloten psychologisch vom Absturz ihres DJI-Fluggeräts erholen.
Einige Kunden beklagen sich darüber, dass auf der DJI-Kunden-Hotline niemand zu erreichen ist, wenn die Geräte nicht funktionieren. Ein Drohnen-Einzelhändler aus dem US-Bundesstaat Oregon stoppte jüngst den Verkauf von DJI-Fluggerät, da es Monate dauerte, bis defekte Drohnen repariert wurden.
Wang räumt die technischen Schwierigkeiten freimütig ein. Es gebe Belastungsgrenzen. Auch das GPS-Signal könne manchmal nicht empfangen werden. DJI ersetzt Geräte, die auf diese Weise verschwinden, normalerweise nicht. "Es ist aber unsere Schuld. Wir müssen etwas produzieren, das unter allen Umständen funktioniert", sagt Wang. (Jack Nikas, Colum Murphy/wsj.de, derStandard.at, 12.11.2014)