Budapest - Der Literatur-Nobelpreisträger Imre Kertesz hat der "New York Times" Zensur vorgeworfen. Ein Reporter des Blattes habe mit ihm im Sommer 2013 ein Interview geführt, jedoch sei dieses nicht veröffentlicht worden, weil Kertesz sich darin nicht kritisch über die Regierung des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán habe äußern wollen.

"Dazu sagte einer meiner Freunde sehr richtig, dass dies eine Art Zensur ist, denn, wenn sie nicht die Antworten bekommen, mit denen sie rechnen, dann veröffentlichen sie dies einfach nicht", sagte Kertesz in einem Interview, wie am Mittwoch in Ungarn bekannt wurde.

Kertesz' Vorwürfe gegen die "New York Times" waren bereits im April in der englischsprachigen Zeitschrift "Hungarian Quarterly" erschienen. Für Wirbel sorgen sie erst jetzt, nachdem die Budapester Monatszeitschrift "Szombat" sie in ungarischer Sprache wiedergegeben hat. Kertesz sagte, er habe sich geweigert, gegenüber dem US-Reporter Orbáns Regime als Diktatur zu bezeichnen, weil er eine solche Einschätzung für "verantwortungslos" halte.

Der 85-Jährige hat 2002 den Nobelpreis für seinen "Roman eines Schicksallosen" bekommen, in dem er seine Erlebnisse als jugendlicher Häftling in einem Nazi-Konzentrationslager aufarbeitet. (APA, 12.11.2014)