Österreichs Jugendliche und junge Erwachsene scheren kaum aus.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich orientieren sich an gängigen Wertemodellen, lehnen etwa die Freigabe von Cannabis mehrheitlich ab, nennen ihre Eltern als Vorbilder und halten nichts von häufig wechselnden Sexualpartnern. Das sind einige der Erkenntnisse einer am Mittwoch veröffentlichten repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts Marketagent.

Für den "Jugend Trend Monitor" wurden junge Männer und Frauen zwischen 14 und 29 Jahren zu ihren Wertevorstellungen und den Schwerpunktthemen Körperbewusstsein, Cannabis und Sexualität befragt.

Ähnlichkeiten ja, Lebenskopie nein

Knapp 54 Prozent der Befragten gaben demnach an, ihre Eltern seien große oder eher große Vorbilder für sie. Ähnlichkeiten mit ihren Erzeugern sehen die Jugendlichen am häufigsten bei Persönlichkeit und Charakter (63,3 Prozent) sowie Werten, Einstellungen und Meinungen (60,9 Prozent).

Überschneidungen bei den Lebenszielen und der Lebensführung der Eltern nehmen hingegen nur 42,3 Prozent wahr. Die explizite Frage, ob sie denn selbst so werden wollten wie ihre Eltern, bejahten nur mehr 22,3 Prozent der Studienteilnehmer.

Aufs Äußere fixiert

Die heutige Jugend ist sehr auf ihr Äußeres bedacht. 83,7 Prozent ist gutes Aussehen persönlich wichtig, 89,1 Prozent sagen, es sei ein gesellschaftlich relevanter Faktor. Die Mädchen und jungen Frauen halten Schönheit pauschal für wichtiger als ihre männlichen Altersgenossen (89 Prozent gegenüber 78,6 Prozent).

Sehr zufrieden mit dem eigenen Aussehen ist dabei nur jeder siebente, sechs von zehn sind immerhin eher zufrieden. Nur 1,1 Prozent kommen mit ihrem Äußeren überhaupt nicht klar. 45,3 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Medien ein falsches Schönheitsideal verbreiten.

Schön sein wollen die Jugendlichen laut der Studie in erster Linie dennoch für sich selbst. Denn nur für 17,8 Prozent ist sehr wichtig, "dass mein Aussehen bei anderen gut ankommt". Dabei zeigt sich ein deutliches Altersgefälle: Unter den 14- bis 19-Jährigen ist es noch 22 Prozent sehr wichtig, hübsch für andere sein, unter den 25- bis 29-Jährigen nur mehr 12,2 Prozent.

4,1 Prozent männliche Haarefärber

Sehr attraktiv finden die jungen Menschen weiße Zähne (60,3 Prozent der Mädchen und 43,1 Prozent der Burschen), durchtrainierte Körper (29,7 Prozent bei Burschen, aber nur 11,7 Prozent bei Mädchen) und gebräunte Haut (24,8 Prozent der Mädchen und 12,4 Prozent der Burschen).

46,1 Prozent der Befragten gaben an, bereits eine oder mehrere Diäten begonnen zu haben, um dem Schönheitsideal eher zu entsprechen. 3,3 Prozent der Grundgesamtheit haben in jungen Jahren sogar elf Mal oder öfter den Entschluss gefasst, Gewicht zu verlieren.

Weitere sinnvolle Maßnahmen für gutes Aussehen sehen die Jugendlichen in Sport (72,3 Prozent), Kosmetikprodukten (87,4 Prozent der Mädchen und 24,2 Prozent der Burschen), Haare färben (56 Prozent der Mädchen und 4,1 Prozent der Burschen) und Solariumbesuchen (11,2 Prozent).

18 Prozent der männlichen und 39,8 Prozent der weiblichen Befragten können sich vorstellen, sich jetzt oder später für eine Schönheitsoperation unters Messer zu legen. Führend sind dabei Zahnregulierungen, Haarentfernungen und Krampfaderoperationen.

Jeweils rund jeder vierte Jugendliche hat zumindest eine Tätowierung oder ein Piercing - mit einem signifikanten Geschlechterunterschied: Vier von zehn der weiblichen, aber nur jeder zehnte männliche Befragte trägt derartigen Körperschmuck.

Mehrheit gegen Legalisierung

Entgegen den internationalen Tendenzen zur Liberalisierung der Cannabisgesetzgebung sprechen sich mehr junge Österreicher gegen eine Freigabe aus als dafür. 49,9 Prozent wollen die Legalisierung eher nicht oder auf keinen Fall, 37,2 Prozent wollen sie eher schon oder auf jeden Fall. Die restlichen 12,9 Prozent wissen auf diese Frage so recht keine Antwort.

Unter den Befürwortern verdeutlicht sich eine Stadt-Land-Differenz. In Wien sprechen sich 45,4 Prozent für eine Freigabe aus, außerhalb der Bundeshauptstadt nur 34,8 Prozent. Über alle Befragten hinweg stimmen 36,8 Prozent der Aussage voll und ganz zu, dass eine weiterhin bestehende Illegalisierung den Konsum nicht schmälern wird.

Höhere Cannabiserfahrung bei über 25-Jährigen

Selbst bereits gekifft zu haben, beteuern 39,8 Prozent; bei 14,1 Prozent aller Jugendlichen blieb es bei einer einmaligen Erfahrung. 52 Prozent haben noch nie THC-hältige Substanzen konsumiert, weitere 8,2 Prozent wollten diese Frage nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten.

Mit steigendem Alter wächst freilich die Prävalenz der Cannabisnutzung. In der Gruppe der 14- bis 19-Jährigen haben 31,1 Prozent schon einmal konsumiert, bei den 25- bis 29-Jährigen schon 45,7 Prozent.

Treue den jungen Mädchen wichtiger

Im Panelabschnitt "Sexualität und Pornografie" wurden auch beziehungsrelevante Motive abgefragt. Der Aussage "Treue bedeutet mir sehr viel" stimmten auf einer vierstufigen Skalierung 80,3 Prozent voll und ganz zu. Der Schnitt ergibt sich aus einem höheren Wert bei Mädchen (87,6 Prozent) gegenüber dem der Burschen (73,2 Prozent). Bei den 14- bis 19-Jährigen ist Treue noch zu 85,6 Prozent oberste Priorität, bei den 25- bis 29-Jährigen nur mehr zu 71,7 Prozent.

Prinzipiell ist das Thema Sexualität unter den Jugendlichen kein Tabu. 67,3 Prozent sprechen es sehr oder eher offen an, wobei Unklarheiten doch lieber über das Internet (62,2 Prozent) als durch Freunde (56,8 Prozent), den Partner (37,4 Prozent) oder gar die Eltern (10,7 Prozent) ausgeräumt werden.

Der Äußerung, Zärtlichkeit sei wichtiger als Sex, stimmen nur 27,7 Prozent der Befragten voll und ganz zu. Bei den jungen Männern taten das 20,6 Prozent, bei den jungen Frauen 34,9 Prozent.

Das "erste Mal" im Schnitt mit 16 Jahren

Die bis 29-Jährigen gaben zu einem knappen Drittel an, bisher zwei bis fünf Sexualpartner gehabt zu haben. 14,6 Prozent waren in ihrem Leben mit nur einer Person im Bett, 16 Prozent haben mit elf oder mehr Menschen geschlafen. 11,2 bekannten sich zur Jungfräulichkeit, weitere 10,5 Prozent enthielten sich hier einer Antwort. Ihr erstes Mal erlebten die Befragten im Schnitt im Alter von 16 Jahren.

78 Prozent verhüten laut Eigenaussage bei jedem Koitus (90,2 Prozent der 14- bis 19-Jährigen, aber nur 63,1 Prozent der 25- bis 29-Jährigen), 3,3 Prozent niemals.

Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben gegenwärtig bis zu ein Mal pro Woche Geschlechtsverkehr (41 Prozent), 28,6 Prozent bis zu drei Mal pro Woche und 22,4 noch häufiger.

Befragt nach der Zufriedenheit mit diesem Zustand, könnte es für 57 Prozent gerne mehr sein, 41,6 Prozent genügt ihr Status quo, nur 1,3 Prozent hätten gerne etwas oder viel weniger Sex.

Neun von zehn sahen schon Pornos

Vier von fünf Befragte haben schon einmal pornografische Inhalte betrachtet. Dieser Wert ergibt sich aus 92,1 Prozent der jungen Männer und 67,3 Prozent der jungen Frauen. Bei den 24- bis 29-Jährigen liegt die Quote geschlechterübergreifend bereits bei 91,2 Prozent. Dennoch geben drei von zehn an, derzeit willentlich keine entsprechenden Seiten im Netz zu besuchen.

Noch deutlicher wird der Geschlechterunterschied bei den regelmäßigen Pornokonsumenten. Jene 21,4 Prozent der Studienteilnehmer, die zugeben, ein- oder mehrmals pro Woche einschlägige Seiten im Netz zu besuchen, setzen sich aus 38,7 Prozent der jungen Männer und nur 3,5 Prozent aller jungen Frauen zusammen.

66,3 Prozent dieser Gruppe schauen Pornos am liebsten am Standrechner oder Laptop an, 28,8 Prozent am Mobiltelefon und 16,4 Prozent am Fernsehgerät. 0,4 Prozent halten offenbar die Sexkinobranche am Leben.

Wichtigste Motive für die Pornonutzung sind Anregungen für das eigene Sexualleben (31,4 Prozent), Langeweile (26,1 Prozent), Erhöhung der Lust/Libido (20,4 Prozent) und Kompensation, weil die Betrachter keinen Partner haben (24,9 Prozent der jungen Männer und 6,4 Prozent der jungen Frauen).

Online-Befragung mit 3.073 Teilnehmern

Für die Studie "Jugend Trend Monitor" wurden 3.073 Menschen aus der österreichischen Wohnbevölkerung zwischen 14 und 29 Jahren, die regelmäßig das Internet nutzen, befragt. Die Erhebung wurde zum vierten Mal in Form einer Online-Befragung von Marketagent in Kooperation mit dem Veranstaltungsunternehmen DocLX-Holding durchgeführt. Laut den Organisatoren handelt es sich um die größte derartige Studie Österreichs. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 12.11.2014)