Hans Bischoffshausen: Objekt zur Erhellung der Magie (1958).

Foto: Sammlung Christian Kircher

Villach - Wenn früher in einem ORF-Programm Funkstille eintrat, erschien am Bildschirm das Insert "Entschuldigen Sie bitte die Störung". Für Hans Bischoffshausen (1927-1987) war Stille eine Voraussetzung jeder Hinwendung zum Wesentlichen, also im Gegenteil die Entstörung von den "vergänglichen Spektakeln" unserer alltäglichen Wirklichkeit.

In einer Aktion, die damals einige Verwunderung auslöste, erwirkte der Avantgardist aus Villach am 26. September 1979 in einer Club 2-Sendung am Rand des Steirischen Herbstes ein einminütiges ORF-Schweigen - ohne das Insert. Die Aktion führte in wohl gezielter Peinlichkeit vor Augen, dass dort, wo die Selbstinszenierung unserer Zivilisation im Vordergrund steht, weit und breit kein Hintergrund erahnbar ist. Die eigentlich erschütternde Szene bildet als Video im zweiten Untergeschoß der Villacher Galerie Freihausgasse das Fundament der Personale Stille, die dem bedeutenden Künstler Hans Bischoffshausen gewidmet ist.

Lebenslinie, Energiefeld, Schrift oder einfach Mitte nannte Bischoffshausen die in der Ausstellung versammelten, knapp 30 größtenteils ganz in Weiß gearbeiteten Bilder - oder soll man sagen, Zellzement-Reliefs -, die ab 1958 in Villach und zwischen 1961 und 1965 in Paris entstanden sind. Die wellig weichen, schwingenden, sich oft zu den Bildrändern hin verflüchtigenden Strukturen, bisweilen versehen mit eingeschmorten Löchern und Brandstellen wie nach einer kultischen Verwendung, haben durch die Patina der Jahrzehnte an Aussagekraft noch gewonnen.

Die zumeist auf Holz ausgeführten, fast schwebend präsentierten Arbeiten, auch ursprünglich mit Reis gefüllte sogenannte Gebetstafeln sind darunter. Sie wirken seltsam heiliger als etwa die künstlerisch ganz anders motivierten, aber inzwischen auch schon ziemlich heiligen frühen Orgienrelikte von Hermann Nitsch. Es gibt eine Querverbindung zum Aktionismus, aber sie scheint stärker kontemporär als inhaltlich bedingt.

Man taucht in dieser einfühlsamst kuratierten Schau in eine Menschlichkeit ein, die jenseits aller Weltreligionen versucht, sich in ihrer Existenz nicht an das Ephemere zu verlieren. Samuel Beckett, Yves Klein oder John Cage thematisierten ebenso die Stille, die Siglen Henri Michaux' wurden immer meditativer.

Überhaupt waren, wie auch Roman Haubenstock-Ramatis Partituren belegen, Musik und Malerei selten in der Geschichte enger beisammen. Vieles davon passierte in der französischen Hauptstadt. Mit einer gewissen Erleichterung stellte Bischoffshausen fest: "Paris hat noch keinen Bischoffshausen." Und blieb bei den in Kärnten entwickelten Ideen: "Ich treibe die Askese des Weiß bis zum Ende." Sein Ideal wurde das Bild, das nicht mehr fotografierbar ist. (Michael Cerha, DER STANDARD, 13.11.2014)