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Ed Miliband, Parteichef in Nöten.

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Foto: REUTERS/Suzanne Plunkett

Wie gut, dass der Premier im Ausland unterwegs ist und das Parlament für den Rest der Woche nicht tagt. So musste sich Edward Miliband nicht dem allwöchentlichen Schlagabtausch mit David Cameron stellen. Stattdessen konnte sich der Labour-Chef in aller Ruhe auf eine Rede am Donnerstag vorbereiten, die schon vorab als "wegweisend" und "entscheidend" deklariert wird.

Verspätet geht der Oppositionsführer damit in die Offensive - nach einer schwierigen Woche, in der kurzzeitig sogar seine Parteiführung auf dem Spiel zu stehen schien. Ausgerechnet das Labour-treue Wochenblatt "New Statesman" hatte zum Halali geblasen. Dem "altmodischen Nordlondoner Sozialisten" fehle es weder an Selbstbewusstsein noch an Politikideen, höhnte Chefredakteur Jason Cowley. Aber er verstehe normale Leute nicht: "Politik scheint für ihn ein ausgedehntes Hauptseminar zu sein: erhabenes Gerede über die Politökonomie und eine bessere Gesellschaft."

Kritiker bleiben in Deckung

Übers Wochenende schürten die überwiegend konservativen Londoner Zeitungen begeistert die Kritik am Labour-Chef und berichteten über anonyme Verschwörer in Fraktion und Partei. Doch keiner der möglichen Nachfolger wagte sich aus der Deckung, im Gegenteil: Der als Favorit gehandelte Ex-Innenminister Alan Johnson schloss ein Comeback ausdrücklich aus. Der Putsch brach in sich zusammen, noch vor dem ersten Schuss.

Der Kontrast zu dem mittlerweile als Buchautor erfolgreichen Hinterbänkler Johnson verdeutlicht ein weiteres Dilemma für Miliband. Hier das Arbeiterkind aus kleinsten Verhältnissen, dort der Akademikersohn mit Studien in Oxford und Harvard. Wie seine Kontrahenten Cameron und der liberale Vizepremier Nick Clegg wirkt Miliband zu glatt, zu austauschbar, zu erkennbar wie ein Karrierepolitiker. Hinzu kommt, dass viele Wähler im Oppositionsführer vor allem den Brudermörder sehen.

Brudermörder

Tatsächlich trat Miliband 2010 gegen seinen älteren Bruder David an. Der frühere Außenminister galt lang als Favorit, gewann auch Mehrheiten unter Abgeordneten und Parteimitgliedern. Doch in letzter Sekunde und mithilfe linker Gewerkschafter zog der Jüngere mit hauchdünnem Vorsprung am Älteren vorbei.

Nun kämpft er um die Sympathie der Öffentlichkeit. Ein halbes Jahr vor der Wahl halten nur 13 Prozent Miliband für einen geeigneten Premier. In Umfragen liegt Labour (29) erstmals seit Jahren um einige Prozentpunkte hinter Camerons Konservativen (32) zurück. Miliband muss mehr als gute Reden halten, wenn er im Mai 2015 wirklich in der Downing Street einziehen will. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 13.11.2014)