Wien- Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat die Verteilung von Heften, insbesondere Mitteilungsheften, mit Werbung an Volksschulen generell als "aggressive Geschäftspraktik" eingestuft und verboten. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte eine auf Schulwerbung spezialisierte Agentur auf Unterlassung geklagt, weil diese an 800 Volksschulen werbegespickte Mitteilungshefte verteilt hatte.

Im erstinstanzlichen Urteil hatte das Handelsgericht Wien noch festgestellt, dass Schule kein "werbefreier Raum" sei und hatte nur den großen Umfang der Werbung (19 Seiten Inserate bei 41 werbefreien Seiten) als aggressive und damit unzulässige Werbung beurteilt. Das OLG Wien geht nun einen Schritt weiter: Die beklagte Agentur habe es zu unterlassen, "an Volksschulkinder Hefte, insbesondere Mitteilungshefte, zu verteilen oder verteilen zu lassen, die Werbung beinhalten".

Es sei für Volksschüler "nicht sofort ersichtlich", dass es sich bei dem seit 2004/05 verteilten Heft "in Wahrheit bloß um ein Werbemedium handelt", begründet das OLG Wien seine Entscheidung. Volksschulkinder würden das Heft aufgrund ihres Fassungsvermögens bei flüchtiger Betrachtung vielmehr "primär als ein für Schulzwecke gedachtes Schulutensil einstufen", heißt es in der Begründung. Der Eindruck, dass es sich um ein Schulheft handle, werde noch dadurch verstärkt, dass es von Schulpersonal (Lehrer bzw. Schulwarte) verteilt und die Verwendung vom Lehrer oder der Schulorganisation erwünscht scheine.

Damit werde gegen den "Offenkundigkeitsgrundsatz" verstoßen, wonach Werbung als solche unmittelbar erkennbar sein muss. Da die Kinder auch noch als "Kaufmotivatoren" eingesetzt werden, sei das mit Werbung gespickte Mitteilungsheft als "'belästigende' - und demnach als aggressive - Geschäftspraktik einzustufen", so das OLG Wien. Das Verbot für die betreffende Agentur gilt bundesweit. Das Urteil kann noch mittels außerordentlicher Revision beim Obersten Gerichtshof (OGH) bekämpft werden, wenn dieser die Angelegenheit als wichtige und nicht geklärte Rechtsfrage einstuft.

Der VKI, der im Auftrag des Sozialministeriums geklagt hatte, forderte am Donnerstag in einer Aussendung eine generelle Diskussion darüber, wie Werbung an Schulen besser reglementiert werden kann. Denn, so VKI-Juristin Ulrike Socekal, bei der nun verbotenen und ähnlichen Werbemaßnahmen handle es sich keineswegs um ein gutes Geschäft für die Schulen. "Die Schulen bekommen für die Durchführung von Marketingmaßnahmen entweder gar nichts oder ein Butterbrot." (APA, 13.11.2014)