Wien - Ein Arztgespräch ist Pflicht. Wer eine verbindliche Patientenverfügung erstellen will, muss sich laut Gesetz bei einem Mediziner über Details aufklären und beraten lassen. Auf eigene Kosten - die Krankenkasse übernimmt das laut Patientenverfügungsgesetz verpflichtende Gespräch nicht. Allerdings scheint es schwierig zu sein, einen Mediziner zu finden, der mit Patienten über das Zulassen oder Ablehnen lebenserhaltender Maßnahmen spricht, was in der schriftlichen Willenserklärung möglichst konkret festgehalten werden soll.

Paul Groß, Palliativmediziner und im Vorstand des Vereins "In Geborgenheit Sterben und Leben" (IGSL) in Wien, sagt, dass sich "sehr oft" Menschen an seinen Verein wenden, die sagen, ihr Hausarzt mache das nicht. Sogar aus anderen Bundesländern hätten Menschen bei ihm schon Hilfe gesucht. "Es herrscht offenbar ziemlich viel Unsicherheit unter Medizinern", sagt der Arzt. "Manche Ärzte fühlen sich auch - überspitzt gesagt - auf den Schlips getreten, wenn Patienten ihnen sagen, dass sie selbst über eine Behandlung entscheiden wollen", erläutert Groß, der über das Thema laufend Vorträge hält - auch vor Kollegen. "Es herrscht zudem Angst in Bezug auf den möglichen Vorwurf der Unterlassung einer Heilbehandlung beziehungsweise davor, rechtlich belangt zu werden", sagt Groß.

Ulrich Körtner vom Institut für Ethik und Recht in Wien rät für eine Erhöhung der Akzeptanz der Patientenverfügung zur Etablierung eines regelrechten "Vorsorgedialogs" mit Ärzten und Angehörigen.

Eingeschränkte Suchoptionen

Dorthin ist es aber offenbar noch ein weiter Weg - zumal lediglich die Onlinesuchmasken der Länder-Ärztekammern für Wien und Oberösterreich eine Möglichkeit bieten, gezielt die Spezifizierung "Patientenverfügung" auszuwählen. In Wien spuckt die Suchmaschine 66 Arztnamen aus, in Oberösterreich kann man regionsweise suchen: Für Linz sind sechs Ärzte mit dem Zusatz registriert. In der Steiermark findet sich auf der Ärztekammerseite gesondert eine Liste mit 50 Namen.

Seit 2006 haben nur rund 23.500 Menschen in Österreich verbindliche Patientenverfügungen bei der Patientenanwaltschaft, der Notariats- oder der Rechtsanwaltskammer registrieren lassen. Davon dürften nur rund 17.000 aufrecht sein, da die Verbindlichkeit nach fünf Jahren nicht mehr gilt. Ein zentrales Register gibt es nicht.

Zusätzlich zu dieser Art der Patientenverfügungen sieht das 2006 in Kraft getretene Gesetz die "beachtliche" Form vor, die der Arzt zur Eruierung des Patientenwillens beachten soll. Insgesamt haben laut einer Studie aus dem Jahr 2009 rund vier Prozent der Österreicher eine dieser Verfügungsformen unterzeichnet. Auf sie hinzuweisen liegt in der Verantwortung der Betroffenen oder von deren Angehörigen. Der behandelnde Arzt muss nicht nachforschen.

Elga als Lösungsansatz

Auch das erachtet Mediziner Groß als problematisch. Er setzt sich dafür ein, dass die Patientenverfügung in der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) aufscheint. Und zwar auch gleich samt Inhalt. "Dann muss man nicht mehr nach irgendeinem Zettel suchen wie jetzt oft", sagt Groß.

Allerdings müssen verbindliche Patientenverfügungen über den Schreibtisch eines Notars, eines Rechtsanwalts oder der Patientenanwaltschaft (in den meisten Bundesländern kostenfrei) gehen. Wie deren Signatur dann in Elga Eingang finden könnte, dürfte noch für einiges Kopfzerbrechen sorgen. Groß rechnet nicht damit, dass es vor dem Jahr 2018 eine Lösung dafür gibt. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 14.11.2014)