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Dermatophagoides pteronyssinus ist der lateinische Name der Hausstaubmilbe. Das Spinnentier ist 0,1 Millimeter klein, wiegt 16 Millionstel Gramm und ist mit freiem Auge nicht sichtbar. Ihre Lebenserwartung: drei Monate.
Menschen sind total anpassungsfähige Wesen. Dass man sich an ständigen Schnupfen gewöhnen kann, ist das beste Beispiel dafür. Die Ursache dafür kann eine Allergie gegen Hausstaubmilben sein. "Durchschnittlich vergehen sieben bis neun Jahre, bevor Patienten eine Diagnose bekommen", sagt Uwe Berger von der Forschungsgruppe Aerobiologie und Polleninformation an der HNO-Klinik der Med-Uni Wien. Berger und seine Kollegen wollen das ändern und haben sowohl eine Internetplattform als auch eine App für Smartphones entwickelt, die Betroffene im Erkennen ihres medizinischen Problems unterstützen soll.
Warum das so wichtig ist? Bleibt der allergische Schnupfen unbehandelt, kann sich über die Jahre chronisches Asthma entwickeln. Da Hausstaubmilben ganzjährig eine Belastung sind, sind Betroffene besonders gefährdet, mit dieser stark beeinträchtigenden Erkrankung zurechtkommen zu müssen. Je früher die Krankheit im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert und behandelt wird, umso besser die Heilungschancen von Patienten.
Milben und ihr Dreck
Man sieht, hört und riecht sie nicht, aber sie sind da. Hausstaubmilben sind mikroskopisch kleine Spinnentiere, die in jedem noch so sauberen Haushalt wohnen: vor allem in Matratzen, Polstermöbeln, Teppichen oder Kuscheltieren. Nicht die Milbe selbst, sondern ihr Kot und Teile des Panzers lösen die allergischen Reaktionen aus.
In der Zeit von Mai bis Oktober sind sie besonders paarungswillig. Bis zu zwei Millionen Milben tummeln sich in den Matratzen, wo sie sich von abgestorbenen, menschlichen Hautschuppen ernähren. Beginnt die Heizperiode, nimmt die Luftfeuchtigkeit ab. Dadurch sterben die Spinnentiere, und die toten Körper sammeln sich im Staub. Ein Gramm Staub enthält derzeit bis zu 100.000 Exemplare und damit deren hochallergene Eiweißstoffe.
Deshalb ist der Winterbeginn für Hausstauballergiker auch die härteste Zeit. Denn die Allergene werden durch die Heizungsluft aufgewirbelt, verbinden sich mit der Atemluft und gelangen so auf die Schleimhäute von Augen und Nase. Eigentlich wären diese Eiweiße eigentlich harmlos. Das Problem bei Hausstauballergikern: Ihr Immunsystem stuft sie als gefährlich ein und schickt Histamin ins Rennen: Genau das führt zu den unangenehmen allergischen Reaktionen wie Schnupfen, Husten und Atemnot.
"In der EU haben 113 Millionen Menschen einen allergischen Schnupfen, 68 Millionen haben allergisches Asthma. 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung leiden an einer Allergie, in Österreich sind das 2,5 Millionen Menschen inklusive Pollenallergikern", sagt Otto Spranger, Sprecher der Österreichischen Lungenunion, der Handlungsbedarf sieht, zum einen während der Ausbildung im Medizinstudium, zum anderen aber auch in der Fortbildung bei Allgemeinmediziner und anderen Ärzten.
Drei Säulen der Allergie-Therapie
Die Therapie von Hausstaubmilbenallergikern besteht aus drei Säulen: "Allergene vermeiden, Symptome lindern und Ursachen bekämpfen", sagt Lungenfacharzt Felix Wantke, Ärztlicher Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums (FAZ). Wird dort eine Hausstaubmilbenallergie mittels Blutuntersuchung (Serologie) und Hauttest (Pricktest) diagnostiziert, bekommen Patienten eine Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Hausstaubmilben, eine Reihe von Medikamenten zur Symptomlinderung und die Möglichkeit einer Spezifischen Immuntherapie (SIT).
Dabei wird dem Körper in Form von Spritzen oder Tropfen über drei Jahre hinweg das Allergen in langsam steigender Konzentration zugeführt. Durch den wiederholten, kontrollierten Kontakt mit dem Allergen verliert der Körper langsam seine Überempfindlichkeit, und das verhindert Asthma. "Wir sehen kaum Patienten, die nach dieser Therapie wieder zu uns kommen", sagt Reinhart Jarisch, stellvertretender Leiter am FAZ, der das als Zeichen von Wirksamkeit wertet. Große Hoffnung setzen die beiden Allergie-Spezialisten auf eine Desensibilisierungstherapie in Tablettenform, die in ein bis zwei Jahren auf den Markt kommen soll.
Falsche Versprechungen der Alternativmedizin
Dass Allergikern mit allerhand Scharlatanerie konfrontiert sind, kann Otto Spranger von der Lungenunion berichten. Darüber dass bestimmte Formen von Diäten etwas bringen, hat er, obwohl er viele Betroffene und ihre Geschichten kennt, noch nie erlebt. "Oft ist ein Bluttest Teil einer vermeintlichen Behandlung, hinter diesen Tests stehen ja auch starke kommerzielle Interessen der Anbieter", sagt er.
Was Allergiker vermeiden sollen, sind Krustentiere wie Hummer, Muscheln oder Schrimps, denn sie enthalten dasselbe Eiweiß wie die Milbentiere selbst und können insofern auch eine allergische Reaktion auslösen. (Karin Pollack, derStandard.at, 14.11.2014)
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