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Sozial kompetent kommunizieren, nachhaltig leben: Wer das noch nicht kann, kann es lernen.

Foto: REUTERS/Alessandro Garofalo

Wien - Auf dem Arbeitsmarkt wird Kompetenz in Sachen Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Entscheidungskriterium. Einerseits spielt die nachhaltige Ausrichtung eines Betriebes für Jobsuchende eine immer größere Rolle. Andererseits suchen Unternehmen verstärkt Mitarbeiter, die mit ihrem Wissen und Pioniergeist einen Betrieb zukunftsfähig machen können. Noch ist Corporate Social Responsibility (CSR) ein relativ undefiniertes Aufgabengebiet.

Die Nachfrage nach adäquater Ausbildung ist groß. Werden von vielen Universitäten bereits Studiengänge und Masterprogramme dazu angeboten, gibt es stetig wachsenden Bedarf an einer Zusatz- oder Weiterbildung für engagierte Mitarbeiter oder Quereinsteiger, die sich ein Grundverständnis von CSR verschaffen wollen.

Zu den Hard Skills kommen noch die Soft Skills, die schwieriger greifbar, aber mindestens ebenso entscheidend im betrieblichen Alltag sind. Dazu zählt etwa eine bewusstere Mitarbeiterführung oder die richtige Kommunikation mit den jeweiligen Stakeholdern.

Lernen aus der eigenen Erfahrung

"Nachhaltigkeit kann gelernt werden wie Schwimmen, Rad fahren oder Fremdsprachen. Denn Nachhaltigkeit geht einfach, oder es geht gar nicht" , sagte Alfred Strigl, Mitbegründer der nachhaltigen Unternehmensberatung Plenum, dem STANDARD. Seit 2008 leitet Strigl, der auch an der Universität für Bodenkultur in Wien Themen wie nachhaltige Entwicklung, Umweltmanagement und Unternehmensgründung lehrt, den Quintessenz-CSR-Management-Kurs. Ex-Banker nehmen genauso daran teil wie Biobauern oder Vertreter der Glücksspielbranche.

Im Kurs lernt man unter anderem bewusstes Zuhören, einander ausreden lassen und die Meinung anderer schätzen. "Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Phänomen der Globalisierung, es hat viel mit Integration, Assoziation und Inklusion zu tun", resümiert Strigl aus über 20 Jahren Erfahrung im Nachhaltigkeitsbereich. "Wir können im 21. Jahrhundert nicht mehr dissoziierte und differenzierte Persönlichkeiten - mit unterschiedlichen Werthaltungen und Rollenbildern - bleiben."

Einen Schlüssel sieht er in der Ethik der Nachhaltigkeit. Diese zu lernen gehe nur über die eigene Erfahrung. Strigl: "Wir haben deshalb noch so wenig Nachhaltigkeit in der Welt, weil allein das Denken und Reden über die Nachhaltigkeit nicht ausreicht. Wenn etwas Wirklichkeit werden soll, gehören tiefe Gefühle, Leidenschaft und heißblütiges Wollen dazu."

Von Kursen und "Heldenreisen"

Bei den Pioneers of Change, einem weiteren von Strigl mitbegründeten Programm, werden die Teilnehmer mit Tools ausgestattet, um ihre innovativen Projekte zur gesellschaftlichen Veränderung auch umsetzen zu können. Strigl sagt zu den Kursen lieber "Heldenreise", durch die die eigene Courage, das eigene Gewissen und das eigene Wollen geschult werden.

Wie das Wollen sich in konkretes Tun umsetzt, zeigte eine Absolventin der Quintessenz. Selbst nachhaltige Unternehmensberaterin, hat Gabriele Sauberer zusammen mit Plenum einen CSR-Führerschein, den ECQA Applied Sustainability & CSR Professional, entwickelt. Ähnlich dem Model des ECDL-Computerführerscheins, der ein international anerkanntes Level an digitaler Kompetenz bescheinigt, bestätigt das CSR-Personenzertifikat ein kompetentes Grundwissen über Basiskenntnisse wie Normen, Standards, Managementtechniken sowie rechtliche, fachliche und theoretische Grundlagen. Dazu gibt es neben fünf regulären Lerneinheiten noch zwei speziell auf die Praxis ausgerichtete Module.

Test à la Multiple Choice

Das angeeignete Wissen wird durch einen Multiple-Choice-Test abgefragt. In seiner Art ist der CSR-Führerschein europaweit der Erste. Entwickelt wurde das Personenzertifikat von einem sogenannten Job-Role-Committee mit Experten aus der Nachhaltigkeitsbranche. Ein solches formiert sich, wenn ein neuer Beruf oder eine neue Qualifikation nachgefragt wird, für den bzw. die es noch keine oder uneinheitliche praxisnahe Ausbildungen gibt.

Das Komitee setzt die Fähigkeiten und Fertigkeiten dieses neuen Berufs oder der beruflichen (Zusatz-)Qualifikation fest, die in der Praxis in den entsprechenden Branchen in Europa erforderlich sind. Eine Ausweitung des CSR-Führerscheins auf Nordamerika und Asien ist geplant. Im Dezember geht auch die von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene UN-Dekade für nachhaltige Bildung zu Ende, mit der Aufgabe, das Thema Nachhaltigkeit im Bildungssektor stärker zu verankern. (Sandra Pfeifer, DER STANDARD, 15.11.2014)