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Weiße Weihnachten - darauf hoffen viele, auch wenn Anreise und Abflug zum Bestimmungsort mühsam werden können.

Foto: EPA/Arne Dedert

Wien - Der vom verstorbenen Kabarettisten Helmut Qualtinger stammende Satz aus den legendären Travnicek-Dialogen (mit Gerhard Bronner) - "Waun mi des Reisebüro nett vermittelt hätt" - ist längst fixer Bestandteil des österreichischen Zitatenschatzes, die Wirkung somit unbestreitbar nachhaltig. Nachhaltiger im Sinne von weniger umweltschädigend war Reisen in den 1950er-Jahren verglichen mit heute allemal.

Wegfahren ist zu einem Massenphänomen geworden und kein Luxus mehr von einigen wenigen. Das hat einerseits mit dem seither deutlich gestiegenen Wohlstand zu tun, andererseits auch mit den vielen neuen Möglichkeiten, die auf dem Humus der Dienstleistungsgesellschaft gewachsen sind und weiter wachsen. Es ist die Summe der Reisenden, die beim Verreisen die Umwelt schädigt, gar nicht so sehr der einzelne Reisende.

Störfaktor Gepäck

Wer dennoch mit nicht allzu schlechtem Gewissen eine Auszeit außer Haus nehmen will, für den bieten sich inzwischen ungleich mehr Möglichkeiten als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Die Entscheidung, welches Verkehrsmittel benutzt wird, heißt in immer weniger Fällen Auto oder Bahn. Immer öfter heißt es Auto und Bahn - im Sommer zugegebenermaßen häufiger als im Winter.

"Beim Verreisen im Winter kommt das ungleich schwerere Gepäck als Störfaktor hinzu," sagte Andreas Reiter, der sich mit seinem ZTB Zukunftsbüro in Wien über künftige Entwicklungen im Tourismus den Kopf zerbricht, dem STANDARD. "Andererseits erleichtert der Trend, sich Skier und andere Wintersportgeräte vor Ort auszuborgen, wieder einiges."

"Für den Gast, der ohne Auto auf Skiurlaub nach Tirol oder Salzburg fährt, ist es wichtig, sich im Urlaubsort dennoch sicher und bequem bewegen zu können", sagte Dagmar Lund-Durlacher, Leiterin des Department for Tourism and Service Management an der Modul University Wien. Das reiche von der problemlosen Anreise über pünktliches Abholen am Bahnhof bis zum Transfer zu den Aufstiegsanlagen und retour.

Alpine Perlen

Als Leuchttürme diesbezüglich gelten die sogenannten Alpine Pearls, die alpinen Perlen. 29 Tourismusgemeinden im Alpenbogen von Frankreich bis Slowenien haben sich inzwischen in diese vor knapp neun Jahren gegründete Vermarktungsplattform für nachhaltigen Tourismus eingeklinkt. Treibende Kraft im Hintergrund ist der Bürgermeister von Werfenweng, Peter Brandauer. Er hat mit einem Modell sanfter Mobilität der Salzburger Gemeinde zu einem Alleinstellungsmerkmal in Österreich verholfen.

Dazu gehört, dass Autos mit herkömmlichem Antrieb aus der Gemeinde verbannt sind. Die Mobilität wird einerseits mit Elektroautos garantiert, die die Gäste benutzen dürfen. Darüber hinaus gibt es auch Sammel- und Ruftaxis. Weitere Orte, die nachhaltigen Tourismus auf ihre Fahnen geschrieben haben, aber noch nicht so radikal wie Werfenweng sind: Neukirchen am Großvenediger (Salzburger Land), Hinterstoder (Oberösterreich), Mallnitz und Weißensee (beide Kärnten).

"Der österreichische Tourismus hätte die Chance, die Themenführerschaft auch im ökologischen Bereich zu übernehmen", ist Zukunftsforscher Reiter überzeugt. Bis auf ein paar zaghafte Beispiele fehle aber ein entsprechender Masterplan. Besonders die Seilbahngesellschaften, die nicht zuletzt aufgrund ihrer innovativen Kraft Marktführer im internationalen Skitourismus sind, zeigten zu wenig Engagement.

Urlaub im Winter im Schnee ist das eine; Sun & Beach auch und gerade in der kalten Jahreszeit ist das andere. Knapp ein Viertel der Österreicher verreist schon antizyklisch - das heißt, sie brechen im Winter in den Süden auf. Zwar gibt es auch im entfernteren Ausland durchaus herzeigbare Ökodestinationen, darunter einige Resorts in Oman. Öko steht nach Einschätzung von Reiter bei Fernflügen aber selten im Vordergrund.

Wenig Skrupel bei Fernflügen

Das deckt sich auch mit einer Studie aus Deutschland. Deren Sukkus: Bei Reisen hört sich die Sensibilität für Nachhaltigkeit in der Regel auf. Selbst Personen, die Bioprodukte kaufen und auch sonst ökologisch leben, verhalten sich dann, wenn sie dem Alltag entfliehen, oft anders. "Ökolabels spielen bei der Entscheidung für oder gegen eine Reise kaum eine Rolle", sagte Lund-Durlacher. Menschen, die an sich ökoaffin sind, fliegen, wenn sie denn fliegen, auch meist weiter weg.

Wer ein schlechtes Gewinnen bekommt, weil kaum eine andere Transportart mit so viel CO2-Emissionen einhergeht, kann sich freikaufen. Mit diesem Geld werden in der Regel Projekte in Drittwelt- und Schwellenländern finanziert, etwa Solarküchen in Afrika oder Asien, wo noch häufig mit Brennholz gekocht wird.

Das Forum Anders Reisen hat einen Kriterienkatalog erstellt, bei dem die Anreise stärker berücksichtigt wird. Je weiter man fliegt, desto länger sollte man in dem betreffenden Land bleiben, lautet eine der Grundregeln.

Die Klimaschutzorganisation Atmosfair hat einen Airline-Index erstellt. Wer den studiert, weiß, welche Fluglinien hinsichtlich Schadstoffemissionen vergleichsweise die besten und welche die schlechtesten sind. Vorne liegen Tunisair und Tuifly, die AUA-Mutter Lufthansa fliegt schadstoffmäßig im Mittelfeld, Air China und Lan Air (Chile) belegen hingegen hintere Plätze. (Günther Strobl, DER STANDARD, 18.11.2014)