Der Winzer Peter Zoller baut unterhalb des Bergmassivs des Tschirgant im Tiroler Ort Haiming verschiedene Weinsorten an.

Foto: Alois Pumhösel

Innsbruck - Die Ortschaft Haiming in Tirol ist für ihre schmackhaften Äpfel bekannt. Entlang des Inns reihen sich die in Hagelnetze gehüllten Plantagen. Am Rand des Tales, direkt an den Felsmauern des Bergmassivs des Tschirgant, wächst auf ein paar Flecken Land noch eine andere, für diese Gegend noch untypische Frucht. 6000 Weinstöcke von Chardonnay über Müller-Thurgau bis Pinot Noir stehen hier in Reih und Glied. Und tatsächlich werden die Trauben Jahr für Jahr zu echtem Tiroler Wein vergoren.

"Der heurige Sommer war miserabel. Wir hatten dafür aber einen goldenen Herbst, der alles gerettet hat", sagt Peter Zoller, Eigentümer des Weinbergs und Obmann des Tiroler Weinbauverbands. "In Summe war es daher heuer nicht schlechter als in vergangenen Jahren. Wir haben bessere Zuckerwerte als im Vorjahr." Zoller war 1997 einer der Ersten, der in Tirol Wein angebaut hat. Mittlerweile gebe es in dem gebirgigen Bundesland an die 50 Hobbywinzer.

Hoffnung für den Weinbau

Der Klimawandel mag sich in den Alpen in vielerlei Hinsicht negativ auswirken, dem Weinbau gibt er aber Hoffnung. "Austrieb, Blüte und Reife setzen eineinhalb bis zwei Wochen früher ein als vor 15 Jahren, und auch die Zuckerwerte sind höher als damals", beschreibt Zoller die spürbaren Auswirkungen. "Ich mache viele Versuche mit Sauvignon Blanc. Die Rebsorte erreicht in einigen Lagen eine hohe Reife. Als ich begonnen habe, wäre das nicht gegangen."

Setzt sich die Erwärmung in diesem Ausmaß fort, könnte dem Nordtiroler Wein noch eine blendende Zukunft beschieden sein. "Wenn die Qualität passt, kann er sich als rentables Nischenprodukt positionieren - wenn auch nicht im großen Stil, da fehlen die Flächen", sagt Zoller. Von 50.000 Hektar Anbaufläche in Österreich entfallen gerade einmal acht bis neun auf Tirol. Vor hunderten Jahren, im Mittelalter, war das schon einmal anders. Kaiser Maximilian I. habe den Tiroler Weinbau im 15. Jahrhundert noch gefördert, bis zu 80 Hektar soll es damals gegeben haben. Mit der sogenannten Kleinen Eiszeit in den folgenden Jahrhunderten war dem Anbau aber ein Ende beschieden.

Keltern im eigenen Keller

Heute gibt es ihn wieder, zumindest als ein Hobby von Idealisten wie Zoller. Das karge Aufwachsen am Bauernhof, wo der sonntägliche Wein etwas Besonderes war, und spätere Aufenthalte im Burgund nennt er als Ausgangspunkt für seine Liebe zum Rebensaft. 1997 hat er die ersten 100 Weinstöcke rund ums Haus gepflanzt. Später konnte er durch einen mühsamen Umwidmungsprozess die Weinberge unter dem Tschirgant erlangen, die er und seine Frau Elisabeth Saumwald nach wie vor in ihrer Freizeit bestellen. Tanks und anderes Produktionsequipment sind im umgebauten Keller ihres Einfamilienhauses untergebracht.

Bis zu 3000 Flaschen "Zoller-Saumwald" werden jährlich abgefüllt und für jeweils zwölf bis 16 Euro "ab Hof" und an Gasthöfe verkauft. Ein begehrtes Gut: "Ein Drittel des Weins vom nächsten Jahr ist schon reserviert." Vergrößern will Zoller den Betrieb dennoch nicht. "Ich müsste den Lehrerberuf aufgeben und viel investieren", gibt er zu bedenken.

Der gute Tschirgant und die bösen Vögel

Zollers Wein profitiert - wie auch die Haiminger Äpfel - von hohen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Sie bewirken, dass mehr Aromastoffe in die Frucht eingelagert werden, erklärt der Winzer. Dass es nicht zu kalt wird, dafür sorgt der Tschirgant. "Der Berg wärmt sich tagsüber auf und gibt die Wärme nachts ab - wie ein Ofen." Und auch der kalkhältige, durchlässige und leicht erwärmbare Boden biete hier optimale Voraussetzungen für den Weinbau. Die Reben, viele sind Klone aus dem Burgund, werden auf die Bodenwerte hin abgestimmt und veredelt. "Das größte Problem sind Vögel", seufzt der Winzer. Er und seine Frau haben viele Tage lang spezielle Schutznetze angebracht. "Ich bin schon müde vom netzen. Sollen sie 20 Kilo fressen."

Zwei Jahrgänge zu Beginn seiner Winzer-Laufbahn hat Zoller weggeschüttet. "Sie haben nicht die Qualität gebracht, die ich wollte." So viel Idealismus findet nicht immer Anklang. "Am Anfang bin ich belächelt worden. Mittlerweile bekomme ich aber auch Anerkennung", sagt Zoller. "Die Tiroler sind stolz auf ihren Wein. Und mich beruhigt die Arbeit sehr." (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 15.11.2014)