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Foto: GB* 9/17/18
Foto: Alfons Kowatsch
Foto: GB* 9/17/18

Der Dornerplatz ist ein Platz in Wien-Hernals, auf dem sich täglich Menschen dieser Stadt begegnen. Auf den ersten Blick ist es ein ruhiges Plätzchen, das in den letzten Jahren eine Neugestaltung erfahren hat. Früher einmal – ich habe es selbst nicht mehr erlebt – gab es hier einen kleinen Markt. Das Open-Air-Kino "Volxkino", das mittlerweile in fast allen Bezirken in den Sommermonaten stattfindet, hatte hier seinen Ursprung. Neben gemeinsamen Filmabenden finden hier jedes Jahr unter anderem die Feierlichkeiten zum europäischen Nachbarschaftstag und eine beliebte Pflanzentauschbörse statt. Dieser Platz hat also die Fähigkeit, sich immer wieder zu verwandeln und sich an die Freizeitbedürfnisse seiner Besucherinnen und Besucher anzupassen.

Lebhafte Bespielung

Immer wieder treffe ich im Arbeitsalltag auf Hernalserinnen und Hernalser, die sich einen "belebten Dornerplatz wie den Yppenplatz" wünschen. Ich kann diese Wünsche verstehen. Aber stellen wir uns einmal vor, jeder freie Platz in Wien wäre wie der Yppenplatz. Es würde bedeuten, dass neben der lebhaften Bespielung der Platz zum großen Teil mit Schanigärten vollgeräumt wäre, und der Konsumzwang würde viele Stadtnutzer vertreiben.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde den Yppenplatz toll, und auch ich trinke dort ab und zu einen Aperolspritzer. Der Platz hat sich zu einem Mittelpunkt im Westgürtelbereich entwickelt, und das ist gut so. Der Dornerplatz jedoch hat für mich eine andere wichtige Funktion im städtischen Gefüge und für das urbane Leben in Wien.

Raum für Begegnung

Er ermöglicht eine Begegnung der verschiedenen Generationen. Kinder erobern den Raum für sich, aber auch Menschen, die in unserer Gesellschaft sonst marginalisiert sind und von vielen anderen repräsentativen Plätzen der Stadt verdrängt werden, haben hier Platz. Der Ort – inspiriert durch seine Ungeschliffenheit – macht nachdenklich und kreativ und gibt uns Ideen, wie wir unsere gemeinsame Stadt gestalten können. Wenn wir Urbanität als Vielfalt lesen möchten, dann ist der Dornerplatz genau solch ein Ort. Die Menschen fühlen sich hier nicht verdrängt, wenn sie kein Geld für einen Caffè Latte ausgeben können.

Genau hier war es auch möglich, das tolle Festival "Wien lebt am Dornerplatz" vom Verein Space and Place in seiner Größe, Vielfalt und Dynamik am 27. September stattfinden zu lassen. Der Verein war zuvor zwei Jahre in Meidling in der Stadtteilarbeit tätig, bevor er für das Jahr 2014 Hernals als neuen Standort wählte. Space and Place ist eine interdisziplinäre Gruppe von Menschen, die – wie sie es sagen – "kulturelle Raumgestaltung" betreiben.

Belebt und vielfältig

Wir von der Gebietsbetreuung GB*9/17/18 wurden eingeladen, im Herbst bei einem ihrer Projekte mitzuwirken. Ich fand diese Rollenumkehrung ganz angenehm, dass diesmal nicht wir die Initiatoren und somit die Veranstalter im Stadtviertel waren. Meine Kollegin Edith Schindler-Seiß und ich konnten uns so ganz den Do-it-yourself-Kübelgärten widmen.

An diesem Tag gestalteten wir im Sinne einer grünen Stadt gemeinsam mit Kindern und Besucherinnen und Besucher mehr als 30 Kübelgärten. Jeder einzelne Minigarten war ein Impulsgeber zur Stadtbegrünung, den die Besucherinnen und Besucher mit nach Hause nehmen konnten. Meine Kollegin kennt den Platz und die Projekte, die hier im Lauf der letzten 15 Jahre stattgefunden haben, sehr gut, und sie meint, dass sie den Platz noch nie so belebt und vielfältig erlebt hat.

Sprachkurse auf der Parkbank

Von allen anderen Projekten des Festivals fand ich "24 Stunden Sprachen lernen" am gelungensten, weil daran so viele unterschiedliche Menschen beteiligt waren, die einander im Alltag sonst nicht treffen. Mütter und Väter, die den Ort mit ihren Kindern nutzen, boten ihre muttersprachlichen Fähigkeiten an und luden Besucher ein, sich zu ihnen zu setzen. Wer wollte, konnte so einen Crashkurs in Arabisch, Türkisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Englisch oder einer anderen Sprache auf der Parkbank absolvieren.

Der Dornerplatz ermöglicht Begegnung abseits einer kommerziellen Nutzung. Ein Raum, ein Platz, der Vielfalt generiert, macht eine urbane Stadt aus. Genau das brauchen wir in Wien. Danke, Space and Place, danke, Dornerplatz! (Amila Sirbegovic, daStandard.at, 21.11.2014)