Die Empörung der Republikaner hat schon einmal echter ausgesehen. Dass US-Präsident Barack Obama kurz nach der Niederlage bei den Midterm-Wahlen nun auf den Alleingang in puncto Einwanderung setzt, um vor Ende seiner Amtszeit noch ein Wahlversprechen einzulösen, war abzusehen. Schon im Juli war kurzfristig geplant, ein Dekret zu erlassen, das fünf Millionen Einwanderern zur Legalität verhelfen sollte. Doch das Risiko, vor den Midterms Wähler zu vergraulen, schien zu hoch. Genutzt hat diese Zurückhaltung nichts.

Dass die Republikaner nun laut "Verfassungsbruch" schreien, entbehrt jeder Grundlage. Obama, der im Übrigen mehr Menschen als jeder seiner Vorgänger abschieben ließ, macht nur seinen Job. Er erlässt ein Dekret, auf das Millionen ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis schon jahrelang warten. Das Problem illegaler Einwanderung ist dadurch nicht gelöst, die Gesetzgebung nicht geändert, niemand der Betroffenen erhält die Greencard oder die Staatsbürgerschaft. Im schlimmsten Fall nimmt der nächste US-Präsident das Dekret auch wieder zurück.

Doch der Stillstand im Kongress lässt derzeit nichts anderes zu. Die Republikaner hatten schon vor Obamas Amtszeit die Chance, eine Einwanderungsreform im Kongress auf den Weg zu bringen. Allein, sie taten es nicht. Obamas Vorpreschen ist nun zwar kein nachhaltiger, aber dennoch notwendiger Schritt, um das Leben vieler zu erleichtern. (Teresa Eder, DER STANDARD, 15.11.2014)