Es gibt viele Gründe, auf Österreich stolz zu sein. Aber die von Minister Sebastian Kurz gestartete Kampagne "Zusammen: Österreich" mit dem Hashtag #stolzdrauf löst gegenteilige Reaktionen aus und verfehlt ihre Ziele. Der für Integration zuständige Minister hat recht, dass es in Österreich zu wenig Willkommenskultur gibt und sich viele Zuwanderer nicht heimisch fühlen. Aber statt stolzer Phrasen sind konkrete Schritte und Gesetzesinitiativen notwendig, um zu ändern, was Ausländern auf allen Ebenen signalisiert wird: Ihr seid nicht willkommen.

Das zeigt sich durch Demonstrationen wie jene vor dem Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen und durch Aussagen wie jene des niederösterreichischen FPÖ-Landesgeschäftsführers Christian Höbart, es wüssten "diese ganzen Erd- und Höhlenmenschen nicht zu schätzen, dass sie hier bestes Essen, neue Kleidung und sonstigen Firlefanz bekommen". Dass nur wenige seinen Rücktritt forderten und er im Amt bleibt, zeigt, wie sehr man sich in diesem Land an solch vermeintliche "Ausrutscher" gewöhnt hat.

Gefordert ist zuerst die Politik, denn in Österreich zielen Regelungen und Gesetze darauf ab, es Ausländern - seien es nun Flüchtlinge oder arbeitssuchende Nachbarn - möglichst schwer zu machen. So fehlt ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, damit in Österreich geborene Kinder von seit Jahren hier lebenden Menschen automatisch auch Staatsbürger werden.

Besonders schwer wird es Menschen gemacht, die aus Nicht-EU-Staaten nach Österreich kommen. Asylwerber dürfen während der Dauer ihres Verfahrens nicht arbeiten. Das ist weder sozial noch ökonomisch sinnvoll. Außerdem regt genau das viele Österreicherinnen und Österreicher auf, die der Meinung sind, Asylwerber würden "auf Steuerzahlerkosten nur herumlungern", wie der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler das Problem beschreibt. Durch die Aufteilung der Asylwerber auf kleinere Orte wird dieses Konfliktpotenzial im ganzen Land verteilt.

In Deutschland hat die Regierung vor kurzem eine Reform beschlossen, wonach Asylsuchende nach drei Monaten in allen Bereichen arbeiten dürfen. Dieses Ziel verfolgt auch eine von SOS Mitmensch gestartete Unterschriftenaktion, an der sich bisher knapp 16.000 Menschen beteiligt haben. Die Unterschriften werden Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 18. November übergeben. Politiker aus den Regierungsparteien und Volksanwälte unterstützen die Forderung nach Aufhebung des Arbeitsverbots, auch die Sozialpartner haben sich schon darauf verständigt. Der SPÖ-Minister steht aber - wohl mit Blick auf die FPÖ - auf der Bremse.

Das gilt auch für eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte. So studieren derzeit 21.243 Menschen aus Nicht-EU-Ländern in Österreich, aber nur 17 Prozent bleiben nach dem Studium hier. Denn die Bedingungen für ihren weiteren Aufenthalt - wie ein Einstiegsgehalt von 2.038,50 Euro - sind zu eng gefasst. Das ist volkswirtschaftlicher Unsinn, meint Kurz zu Recht.

Bei der Anerkennung von Qualifikationen von Migranten gibt es zwar Verbesserungen, aber die bürokratischen Hürden sind noch immer hoch, die Verfahrensdauer ist lang. Zudem würden anonymisierte Bewerbungsverfahren ein Beitrag dazu beitragen, dass allein die Qualifikation und nicht die Herkunft zählt.

All das wären konkrete Willkommenssignale und Schritte, auf die Österreich stolz sein könnte. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 15.11.2014)