Die Bauaufträge für den Wiener Hauptbahnhof wurden noch nach den alten Vergaberegeln ausgeschrieben. Für zukünftige Projekte könnte es komplizierter werden.

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Wien – Nach der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den damit verbundenen, teilweise erheblichen Auswirkungen auf das Vergaberechtsschutzverfahren steht nun wohl die nächste Änderung der Rechtslage ins Haus. Der Gesetzgeber plant derzeit eine weitere Novelle des Bundesvergabegesetzes mit den erklärten Zielen der Verminderung von Lohn- und Sozialdumping sowie der allgemeinen Steigerung der Qualität von Auftragsvergaben im öffentlichen Bereich. Nach ersten Informationen aus dem Bundeskanzleramt sind mit dieser Novelle unter anderem wesentliche Änderungen bei der Wahl des Zuschlagssystems (also dem System, mit dem der Gewinner der Ausschreibung ermittelt wird) sowie betreffend Subvergaben geplant.

Im Detail soll bei Bauleistungen ab einer Million Euro sowie bei Liefer- und Dienstleistungen im Oberschwellenbereich sowohl bei Vergaben öffentlicher Auftraggeber als auch bei Vergaben von Sektorenauftraggebern zwingend die Verwendung des sogenannten Bestbieterprinzips vorgeschrieben werden. Das bedeutet, dass Auftraggeber bei derartigen Ausschreibungen in Zukunft – selbst wenn der Qualitätsstandard der ausgeschriebenen Leistungen klar und eindeutig definiert ist – neben dem Preis zwingend auch noch qualitative Kriterien in die Evaluierung der Angebote einbeziehen müssen. Lediglich in den verbleibenden, wertmäßig geringeren Fällen soll die Wahlfreiheit zwischen Best- und Billigstbieterprinzip bestehen bleiben.

Aus für "Feigenblatt-Kriterien"

Die Zuschlagskriterien (Preis und Qualität) müssen weiters so zueinander gewichtet sein, dass jedes einzelne Kriterium einen realistischen Einfluss auf die Bieterreihung hat. Den früher üblichen Zwei-Prozent-Qualitätskriterien ("Feigenblatt-Qualitätsbewertung") soll damit ein Riegel vorgeschoben werden. Denn schon bisher waren öffentliche Auftraggeber – außerhalb bestimmter Sektoren – grundsätzlich dazu verpflichtet, im Oberschwellenbereich das Bestbieterprinzip anzuwenden. Aufgrund der Schwierigkeit sowie oftmals auch mangelnden Sinnhaftigkeit der Ausarbeitung und Anwendung von Bestbieterkriterien wurde in der Vergangenheit gern auf solche gering gewichteten "Feigenblatt-Kriterien" zurückgegriffen. Ob die von der Novelle beabsichtigten Ziele mit einer noch strengeren Festlegung des Bestbieterprinzips durchgesetzt werden können, ist zumindest fraglich.

Bieter sollen künftig auch verpflichtet sein, bereits im Angebot sämtliche verwendeten Subunternehmer zu benennen. Dies soll auch für nicht eignungsrelevante – sogenannte nichtnotwendige – Subunternehmer und auch für unwesentliche Leistungsteile gelten. Die Novelle soll auch ein grundsätzliches Verbot der Subsubvergabe von Aufträgen – also die Verwendung von Subunternehmern durch Subunternehmer – vorsehen, sofern der Auftraggeber dies nicht ausdrücklich in der Ausschreibung vorsieht oder dem im Einzelfall zustimmt. Auftraggeber sollen darüber hinaus die Subvergabe von "kritischen" Leistungen bei Bau- und Dienstleistungsaufträgen ausschließen können.

Erschwernis für KMUs

Erste Reaktionen auf die geplante Novelle fallen durchaus skeptisch aus, wobei von Klein- und Mittelunternehmen (KMUs) insbesondere die geplanten Subunternehmerregelungen kritisiert werden. Tatsächlich würde durch ein Verbot der Subsubvergabe die Teilnahme von KMUs sowie Einpersonenunternehmen (EPUs) an Vergabeverfahren erheblich erschwert werden. KMUs, die im Bau- bzw. Baunebengewerbe häufig als Subunternehmer des Generalunternehmers auftreten, greifen zur Abdeckung von Auslastungsspitzen gern auf EPUs zurück. Diese Praxis der Subsubvergabe wäre durch die Novelle ausgeschlossen. Auch wenn diese Bestimmung eigentlich der Förderung von KMUs und EPUs dienen sollte, könnte sie daher im Ergebnis genau das Gegenteil bewirken.

Die geplante Verpflichtung zur Bekanntgabe aller (auch nicht notwendiger) Subunternehmer bereits im Angebot könnte hingegen für alle Bieter zu Problemen führen. Verträge mit sämtlichen Subunternehmern müssten – trotz des hohen Zeitdrucks – bereits während der laufenden Angebotsfrist verhandelt werden. Bieter wären ihren Subunternehmern ansonsten ausgeliefert und könnten im Zuschlagsfall von diesen preislich unter Druck gesetzt werden, da einmal benannte Subunternehmer nicht ohne weiteres ausgetauscht werden dürfen. Der Aufwand würde sich sowohl für den Bieter bei der Angebotserstellung als auch für den Auftraggeber bei der Angebotsprüfung massiv erhöhen.

Auftraggeber wiederum würden durch die vorgesehene Verpflichtung zur Anwendung des Bestbieterprinzips vor neue Herausforderungen gestellt. Schließlich müssten sie zukünftig auch bei Beschaffungen von hochstandardisierten Leistungen wie etwa im Straßenbau oder bei Lieferung von "Off the shelf"-Produkten, bei denen aufgrund vorgegebener Qualitäten bisher lediglich der Preis ausschlaggebend war, bewertungsrelevante Qualitätskriterien festlegen. Sowohl Auftraggeber (für die Konzeption der Ausschreibung) als auch Bieter (für die Erstellung des Angebots) müssen mit Mehraufwand rechnen. Auftraggeber könnten gezwungen sein, für Qualitätsmerkmale, die unter Umständen keinen Mehrwert liefern, einen höheren Preis zu zahlen.

Darüber hinaus besteht die Gefahr erhöhter Intransparenz im Vergabeverfahren, wenn mangels objektiver Qualitätsmerkmale der Leistung auf subjektive Qualitätsbewertungen (Jurybewertungen) zurückgegriffen wird. Gleichzeitig steigt das Anfechtungsrisiko derartiger Ausschreibungen. Die Anzahl an Nachprüfungsverfahren dürfte sich daher ebenso erhöhen wie der Beratungsbedarf sowohl auf Bieter- als auch auf Auftraggeberseite.

Ob die Novelle tatsächlich mit allen geplanten Inhalten umgesetzt wird, ist derzeit noch offen. Auf Auftraggeberseite gibt es jedenfalls bereits Initiativen, die auf eine Entschärfung der geplanten Änderungen abzielen. Das Ergebnis dieser Initiativen bleibt allerdings abzuwarten. (Manfred Essletzbichler, Sebastian Oberzaucher, DER STANDARD, 17.11.2014)