Das neue Stadtoberhaupt von Bratislava: Der parteilose Ivo Nesrovnal

Foto: IvoNesrovnal.sk

"Ich bin froh, dass die Bewohner von Bratislava daran glauben, dass es vorwärts gehen kann!" Mit diesen Worten bedankte sich Ivo Nesrovnal in der Nacht von Samstag auf Sonntag bei seinen Unterstützern.

Sein Erfolg gilt als Überraschung, denn Umfragen zeigten ihn meist auf dem dritten Platz, hinter Noch-Bürgermeister Milan Ftáčnik (Parteilos, mit der Unterstützung der Regierungspartei Smer-SD) und dem ehemaligen Kulturminister Milan Kňažko, den mehrere oppositionelle Parteien unterstützten. Mit 50,6 Prozent kreuzten über die Hälfte aller Bewohner von Bratislava Nesrovnal an. Der parteilose Kandidat war bis August des Jahres noch Mitglied der Partei SDKU-DS und saß für sie auch in der Stadtvertretung.

Seine Kampagne baut auf 111 Schritte, darunter etwa die Ambition, das Verkehrschaos in der Stadt zu lösen. Nesrovnal selbst kommt ab und zu selbst mit dem Fahrrad zu Pressekonferenzen.

Wien als Vorbild

"Wir müssen nicht das Rad neu erfinden, es reicht über die Grenzen zu blicken", schreibt der 50-jährige Anwalt auf seiner Homepage. Während in Wien seit Längerem das Niveau der Lebensqualität zu den höchsten der Welt zähle, bleibe Bratislava weit zurück. Genau das wolle er ändern. Er nennt auch weitere europäische Städte als Vorbild, fordert "ein Stadion wie in München" oder "Straßen wie in Kopenhagen". Ein Kernthema Nesrovnals ist der Tourismus: In diesem Bereich plant er, eng mit Niederösterreich und dem Burgenland zusammenzuarbeiten.

Nesrovnal stammt aus Bratislava, der Stadt an der Donau. Er ist Sohn einer Slowakin und eines Tschechen, hat mit seiner Partnerin eine kleine Tochter. An der Komenius Uni in Bratislava studierte er Jus und besuchte Universitäten in den USA, Deutschland und Frankreich.

Seine berufliche Laufbahn begann an der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, führte ihn in die tschechoslowakische Präsidentenkanzlei von Václav Havel und weiter nach Westeuropa. Mehrere Jahre arbeitete er in großen Anwaltskanzleien in Stuttgart und Hamburg. Seit 2009 ist Nesrovnal in der Kommunalpolitik, war Vize-Vorsitzender der Selbstverwaltungsregion Bratislava und Tourismus-Chef der Region.

An der Spitze der slowakischen Hauptstadt will er als erstes die Verträge der Stadt genau unter die Lupe nehmen und unvorteilhafte kündigen. (Katrin Litschko, DER STANDARD, 17.11.2014)