In seiner Stellungnahme zur U-Ausschuss-Reform, die nach der Einigung von fünf Parteien mit 1. Jänner in Kraft treten soll, urgiert der Verfassungsgerichtshof einige Klarstellungen. In dem Schreiben an das Parlament mit der Geschäftszahl 21.000/0020-1/2014 weist das Höchstgericht, das künftig bei Streit zwischen den Parteien als Schlichtungsorgan eingesetzt werden soll, unter anderem darauf hin, dass bei Anfechtungen, Anträgen und Beschwerden "zusätzlich zu den entsprechenden Angaben auch die Unterlagen enthalten" sein müssen, um zu einem raschen Spruch zu kommen.

Protokolle beilegen

Wie berichtet, sieht das Eilverfahren bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien (etwa bei Aktenbeschaffungen oder Zeugenladungen) vor, dass der Verfassunsgerichtshof am besten binnen vier Wochen einen Entscheid fällt. Konkret drängt der VfGH quasi nun darauf, dass "amtliche Protokolle des Nationalrates", die im Normalfall nicht veröffentlicht werden, aber den Parteien zugänglich sind, beigelegt werden.

Ebenso stellt der Begutachtungsentwurf, der die Unterschrift von Präsident Gerhart Holzinger trägt, klar, dass nicht über den Beschluss eines U-Ausschusses im Parlament an sich befunden werden kann, sondern allenfalls geprüft werden kann, "ob ein Untersuchungsgegenstand", also ein abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes vorliegt.

Höherer Arbeitsanfall

Unter Punkt III geht es schließlich um das liebe Geld. "Im Hinblick auf den sonstigen – unverändert hohen – Arbeitsanfall im Verfassungerichtshof ist davon auszugehen, dass der zusätzlich entstehende Aufwand nicht durch Einsparungen im Gerichtshof gedeckt werden kann", heißt es da.

Eine Anspielung darauf, dass in den vergangenen beiden Jahren sechs Mitarbeiter eingespart werden mussten, aber die Arbeit im Zuge der U-Ausschuss-Reform und der anstehenden Gesetzesbeschwerde, die ebenfalls mit 2015 in Kraft tritt (Bürger können sich ab da mit Beschwerden gleich direkt an das Höchstgericht wenden) nicht weniger wird. Im Detail rechnet der VfGH "nach einer internen Bedarfsschätzung und Berechnung" zufolge wegen der Streitschlichtung im Zuge der reformierten U-Ausschüsse mit "einem zusätzlichen Personalaufwand in der Höhe von etwa 1,5 Vollbeschäftigungsäquivalenten zur Vorberitung wie Nachbereitung der Fälle". Dazu käme freilich noch ein betrieblicher Sachaufwand, weil die übermittelten Dokumente entsprechend geschützt werden müssen.

Begutachtung endete am Sonntag

Darüber hinaus gibt es wenig Kritik an den neuen Regeln für Untersuchungsausschüsse und dem Informationsordnungsgesetz. Die Rechtsanwälte stellen etwa die mengenmäßige Beschränkung von Minderheitsverlangen infrage, der Verfassungsgerichtshof verweist auf seinen finanziellen Mehraufwand und die Landtage stemmen sich gegen eine neue Immunitätsbestimmung für Bundesräte. Die Begutachtung endete am Sonntag.

Mit der Reform soll künftig eine Minderheit, also die Opposition, einen U-Ausschuss einsetzen, aber zum Beispiel auch Zeugen laden können. Dafür werden das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats, das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundesbezügegesetz und das Mediengesetz geändert. Neu erlassen werden soll außerdem ein Informationsordnungsgesetz.

Vier Geheimhaltungsstufen

Die Informationsordnung soll sicherstellen, dass von der Regierung ans Parlament übermittelte Geheimunterlagen auch dort unter Verschluss bleiben. Festgelegt werden im Entwurf vier Geheimhaltungsstufen. Der Rechtsanwaltskammertag kritisierte in seiner Stellungnahme, dass die Offenbarung und Verwertung von eingeschränkten oder vertraulichen Informationen (Stufen 1 und 2) nicht strafbar ist: Das stelle für Abgeordnete "einen Freibrief zur Verletzung der Geheimhaltungspflicht" dar. Auch das Landwirtschaftsministerium fordert für diese Fälle entsprechende Sanktionen.

Auch zum neuen U-Ausschuss selbst haben die Rechtsanwälte einige Anmerkungen. Sie haben nämlich gerechnet und festgestellt, dass es aufgrund der vorliegenden Regelungen pro Legislaturperiode maximal vier Untersuchungsausschüsse auf Verlangen einer Minderheit geben könne, realistisch höchstens drei. "In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der sachlichen Rechtfertigung einer derartigen Beschränkung" - allerdings müsse man an ihre Beantwortung "mit Rücksicht darauf, dass das parlamentarische Procedere nicht gelähmt wird", vorsichtig herangehen.

Dass Themen, die nur lose miteinander verknüpft sind, nicht mehr zulässig sein sollen, halten die Rechtsanwälte für "nicht zweckmäßig", da je nach Sachlage auch eine derartige Querschnittsuntersuchung sinnvoll sein könne. Der Oberste Gerichtshof wiederum findet es "problematisch", dass der sogenannte Verfahrensrichter einen Entwurf für den schriftlichen Abschlussbericht eines Ausschusses erstellen soll, denn immerhin sei die Rolle des Verfahrensrichters in erster Linie eine juristisch beratende.

Identitätsschutz

Unklarheiten ortet der OGH außerdem bei der Änderung des Mediengesetzes: Da ist vorgesehen, dass künftig auch Auskunftspersonen vor einem U-Ausschuss Identitätsschutz genießen, wenn schutzwürdige Interessen durch Preisgabe der Identität verletzt werden. So wie jetzt geplant beschränke sich dieser Schutz aber auf Fälle, wo die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird - "ob dies so beabsichtigt war, erscheint fraglich". Außerdem verwies der OGH darauf, dass der geplante Identitätsschutz "in Wertungswiderspruch dazu steht, dass derselbe Schutz in Bezug auf gerichtlich strafbare Handlungen nur Opfern und Verdächtigen sowie Verurteilten, nicht aber Zeugen eines Strafeverfahrens zukommt".

Immunität

Auf Landesebene Thema sind vor allem die geplanten Bestimmungen zur Immunität: Für behördliche Verfolgungen wegen Verleumdung oder einer strafbaren Handlung aufgrund des Informationsordnungsgesetzes soll es künftig keinen Schutz durch die berufliche oder außerberufliche Immunität geben. Diese Ausnahmebestimmungen sollen auch für den Bundesrat übernommen werden, mit der Ermächtigung zur Strafverfolgung im Zusammenhang mit der Informationsordnung ist demnach der Vorsitzende des Bundesrats betraut.

Genau das stößt auf Unverständnis: Mehrere Länder verwiesen auf einen einstimmigen Beschluss der Landtagspräsidenten, wonach sämtliche Entscheidungen solcher Art "ausnahmslos" beim jeweiligen Landtag bzw. dessen Ausschüssen bleiben müssen. (nw, APA, derStandard.at, 17.11.2014)