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Für viele Rumänen steht Ministerpräsident Victor Ponta für die grassierende Korruption im Land. Sonntagabend wurden zahlreiche seiner Werbeplakate bei Demonstrationen zerrissen.

Foto: AP / Anereea Alexandru

Der Rumäniendeutsche Klaus Johannis, Liberalen-Chef und Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt), hat am Sonntag die Präsidentschaftswahl in Rumänien überraschend für sich entscheiden können - ausgerechnet gegen den übermächtig erscheinenden Premier Victor Ponta. Dieser konnte den Vorteil der Regierung und das mächtige Netzwerk der Sozialdemokraten offenbar nicht zielführend für sich nutzen.

Johannis' 54,50 Prozent gegenüber 45,49 Prozent für Ponta bedeuten praktisch eine Umkehrung des Ergebnisses des ersten Wahlgangs vor zwei Wochen, als sich Ponta noch eines Vorsprungs von zehn Prozent erfreut hatte. Diese Umkehrung erklärt sich in gleichem Maße durch Johannis' geradlinigen Auftritt gegen die krakenartige Korruption der Sozialdemokraten wie durch die Tatsache, dass Ponta gerade in den letzten zwei Wochen vor der Stichwahl die zur Staatspolitik erhobene Korruption auf einen Höhepunkt trieb: Trotz des Wahldebakels beim ersten Wahlgang, als tausende Rumänen auch nach langen Warteschlangen nicht wählen konnten, weigerte sich seine Regierung, entsprechende Maßnahmen zu setzen, um das demokratische Grundrecht der Stimmabgabe zu sichern.

Auslandsrumänen gegen Ponta

Das Verhalten war allzu durchschaubar: Demokratische Grundrechte waren Ponta weniger wichtig als die wahltechnische Berechnung, dass die überwiegende Mehrheit der Auslandsrumänen gegen ihn stimmen würde, weil sie ihn als Exponenten eines korrupten und reformresistenten neokommunistischen Klientelsystems sehen.

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Jubel in Bukarest
Foto: Reuters/Cristel

Und gerade weil er ihnen das Stimmrecht verweigern wollte, gingen die Rumänen vermehrt wählen - die Wahlbeteiligung lag bei 64,1 Prozent; im Ausland wählten knapp 400.000 Rumänen, mehr als doppelt so viel wie bei der vorangegangenen Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren. Die Stimmung kippte: In rumänischen Großstädten, aber auch sonst wo in Europa gingen die Menschen auf die Straße, um - 25 Jahre nach der demokratischen Wende - faire Wahlen zu fordern und Rumänien europatauglich zu erhalten.

Ponta will Premier bleiben

Auch nach der Wahl gingen in Bukarest, Cluj (Klausenburg) und Sibiu Tausende auf die Straße, um Pontas Rücktritt zu fordern. Ponta gestand seine Niederlage zwar ein und erklärte, dass "das Volk immer recht hat"; er weigert sich aber "kategorisch" zurückzutreten und ist überzeugt, dass "es keinen Grund zum Demonstrieren gibt".

Es ist das erste Mal in Rumänien, dass es ein Vertreter einer ethnischen oder religiösen Minderheit in die große Politik schafft. Für die Mehrheit der Rumänen steht Johannis für die Chance eines Mentalitätswandels. Dass er so eindeutig gewählt wurde, beweist, dass die xenophobischen Botschaften, deren sich das Ponta-Lager bediente, nach hinten losgingen. Auch die kaum verhüllten Aufforderungen der mächtigen orthodoxen Kirche, "den rechten Glauben zu verteidigen", blieben bestenfalls unbeachtet.

Johannis wurde vermehrt im westlich orientierten Siebenbürgen sowie von den jüngeren Generationen und dem urbanen Mittelstand gewählt. In einigen Landesteilen erhielt er auch 70 Prozent. Insbesondere die Auslandsrumänen stimmten für Johannis. Bemerkenswert ist, dass er auch in der Hauptstadt Bukarest die Mehrheit der Wählerstimmen erhielt.

"Rumänen haben sich ihr Land zurückgeholt!"

Gleich nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen jubelte Johannis mit den Demonstranten: "Die Rumänen haben sich ihr Land zurückgeholt!" Er wolle Rumänien nun zu einem "seriösen, glaubwürdigen, beständigen Partner" für EU, Nato und die USA machen und forderte das Parlament auf, die Korruptionsermittlungen nicht weiter zu blockieren und das umstrittene Amnestiegesetz abzulehnen, durch das die Sozialdemokraten versucht hatten, Straffreiheit für korrupte Politiker zu erschleichen.

Dass auch bei der Stichwahl lange Warteschlangen vor den Wahllokalen im Ausland entstanden, nahm Johannis nun zum Anlass, das Parlament aufzufordern, die elektronische und die Briefwahl gesetzlich zu verankern.

Johannis' Vorsatz für die Präsidentschaft lautet: "Die Kampagne ist vorbei. Ich bin bereit, mich allen Ernstes an die Arbeit zu machen!" (Laura Balomiri aus Bukarest, DER STANDARD, 18.11.2014)