Hauptgebäude des Polytechnikums in Athen. In der Mitte des Transparents steht in roter Schrift die Losung des Studentenaufstands im November 1973: "Brot – Bildung – Freiheit".

Foto: Bernath

Nelkenverkäufer vor dem Eingang zur Polytechnischen Universität in der Patissionstraße im Athener Zentrum.

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Plastikkübel, vollgefüllt mit roten Nelken, stehen bereit, und über dem Haupteingang mit den neoklassischen Säulen hängt wieder die obligatorische Losung: "Brot – Bildung – Freiheit".

1973 hat die Militärjunta hier einen Panzer hineingeschickt und mit Gewalt am Morgen des 17. Novembers einen Aufstand der Studenten niedergeschlagen. Jetzt wehren sich die jungen Griechen gegen die Regierung des konservativen Sparpremiers Antonis Samaras. So sagen es zumindest die Aktivisten, vorwiegend Parteigänger der Kommunisten, die zu Hunderten am Montag den Campus des Polytechnikums bevölkern und auf den Start des traditionellen Demonstrationszugs warten.

"Die Uni ist unsere letzte Burg", erklärt Panos Koutsoukos. "Widerstand!" steht in roten Lettern auf den Plakaten, die auf seinem Tisch ausliegen. Lange waren die Unis gesellschaftlicher Freiraum. Bis vor einigen Jahren durfte die Polizei die Areale nicht betreten.

Rückkehr der Demokratie

24 Zivilisten sollen damals, im Herbst 1973, getötet worden sein, und an die 1000 wurden verletzt. Es war auch der Todesstoß für die griechische Militärdiktatur, wie sich zeigte: Juntachef Georgios Papadopoulos wurde wenige Tage nach dem Aufstand am Polytechnikum in Athen von seinen Rivalen entmachtet, ein halbes Jahr später, im Mai 1974, brach das Regime der Generäle zusammen. Griechenland bekam seine Demokratie zurück.

Die ist wieder sturmreif geschossen nach fünf Jahren Finanzkrise und Sparprogramme, versichern die jungen Linken. Der Polytechnikum-Tag ist ein Gedenktag in Griechenland, an dem Unis geschlossen sind und an dem der Marsch in Athen vor der US-Botschaft zu enden pflegt, als Erinnerung daran, dass Washington die Militärdiktatur tolerierte.

Essen umsonst

"Wir sind nutzlos für die Regierung, wir bringen ihr keine Steuern", sagt Koutsoukos, ein 26-jähriger Informatiker, über die Studenten und ihre Universitäten. Essen sei umsonst und auch noch ein Teil der Lehrbücher; Studiengebühren gibt es nicht. Aber alles das werde sich ändern, sagt der junge Linke voraus. Ein Anwalt in Anzug und Krawatte schlendert an den Tischreihen mit den Protestaufrufen vorbei. "Wir suchen Inspiration von den Studenten", sagt er, "es ist nötiger denn je."

Dabei hat die Regierung gerade das Ende der Rezession verkündet: 1,7 Prozent plus in den ersten neun Monaten. Um fünf bis sieben Prozent, je nach Alter, ging die Arbeitslosigkeit unter den jungen Griechen zurück. An den Unis sei davon nichts zu merken, sagt Luisa, eine Biologiestudentin. "Nur ein Beispiel: Seit Juni gibt es bei uns kein Reinigungspersonal mehr." (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 18.11.2014)