NDR-Journalist Hubert Seipel hat Putin in Russland getroffen. Günther Jauch zeigte das Gespräch und ließe darüber diskutieren.

Foto: Screenshot/ARD Mediathek

Wladimir Putin sitzt in einem legeren Anzug mit kariertem Hemd dem deutschen Fernsehjournalisten Hubert Seipel ausgeschlafen gegenüber. Entspannt und interessiert hört er den Fragen des Westens zu, mit klarem, festem Blick. Seine Gesichtszüge scheinen angeregt. Keine Krawatte, bequeme Haltung, es menschelt.

Der russische Präsident muss seit der Annexion der Krim, die er zwar zugibt, aber in der er dennoch keinen Völkerrechtsbruch sehen will, kräftig um Sympathie werben. Am Fernsehschirm gelingt das hervorragend. Gelassen stöpselt er sich die Hörer der Simultanübersetzung rein - und wieder raus, wenn er spricht. Kurze Zwischenfragen auf Deutsch bindet er ohne Übersetzungshilfe ein. (Könnte das auch Obama?)

Putin hat auf alles unumwunden eine Antwort. Klar: Wären die Fragen schärfer gewesen, blieben die Kreml-Türen bei der nächsten Interviewanfrage wohl verschlossen. Ad Merkel meinte er: "Unsere Sichtweise ist bei weitem nicht ungleich."

Putin lacht grundsätzlich weniger als Obama (Lächelgrenze!). Und wenn er dann einmal lacht, hat das Gewicht. Dann scheint es echter zu sein als jedes andere Lachen eines Politikers auf der ganzen Welt. Das ist vermutlich keine Strategie, sondern ein persönliches Wesensmerkmal, das wirkt.

Das deutsche Fernsehen nahm sich die Freiheit, dieses Putin-Interview zu kommentieren. Eine Runde aus Historikern und Reportern samt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bettete den Auftritt des Kremlchefs bei Günther Jauch in den politischen Kontext. Das war eine der spannendsten, kompetentesten und diszipliniertesten Diskussionen seit langem. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 18.11.2014)