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Ulrike Lunacek, Grüne Vizepräsidentin des EU-Parlaments.

Foto: Reuters/JORGE CABRERA

Wien - Jede dritte Frau in Europa und jede fünfte in Österreich hat seit ihrem 15. Lebensjahr physische und/oder sexuelle Gewalt erfahren. Darauf machten Ulrike Lunacek, Grüne Vizepräsidentin des EU-Parlaments, und die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Montag bei der Eröffnung einer Konferenz des Netzwerks WAVE (Women against Violence Europe) in der Bundeshauptstadt aufmerksam.

An der dreitägigen Konferenz des vor 20 Jahren entstandenen Netzwerks nehmen 300 VertreterInnen von Gewaltschutzeinrichtungen aus 41 Nationen teil. In dem auf Initiative Österreichs und fünf weiterer Länder gegründete Netzwerk sind heute 107 Organisationen aus 46 Staaten vertreten. Die Konferenz befasst sich mit den künftigen Perspektiven von Prävention von Gewalt an Frauen und deren Kindern.

Präventionsmaßnahmen kosten weniger

Gewalt gegen Frauen verursacht in der EU jährlich schätzungsweise 226 Milliarden Euro an direkten und indirekten Kosten. Das erklärte Lunacek unter Berufung auf eine Studie der britischen Soziologinnen Sylvia Walby und Philippa Olive. "Präventionsmaßnahmen kosten bedeutend weniger", sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments. Da die gesetzlichen Regelungen zu Verhinderung von Gewalt und Unterstützung von Opfern in den EU-Ländern unterschiedlich sind, erachtet Lunacek einen umfassenden gesetzlichen Rahmen als notwendig.

Als erstes verbindliches Instrument, das Staaten verpflichtet, aktiv gegen gender-spezifische und häusliche Gewalt vorzugehen, ist die sogenannte Istanbul-Konvention des Europarats, die 2011 angenommen wurde und am 1. August dieses Jahres in Kraft getreten ist. Sie wurde bisher von gut einem Dutzend Ländern - darunter Österreich - ratifiziert. Das Übereinkommen sieht Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen sowie zum Schutz aller anderen Opfer häuslicher Gewalt vor.

Dass die Zahl der dokumentierten Fälle von Gewalt in der Familie in Österreich steigt, führt Familien- und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) einerseits darauf zurück, dass Frauen mutiger werden. Andererseits steige auch das Aggressionspotenzial, bedingt durch Arbeitslosigkeit in den Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise. Zu spüren ist das auch in den Schulen. "Die 'Rucksäcke' an Belastungen, die die Kinder von zu Hause mitbringen, werden immer größer", sagte Heinisch-Hosek.

Nationaler Aktionsplan zum Schutz von Frauen

In Österreich existiert ein relativ dichtes Netz an Opferschutzeinrichtungen. Ein nationaler Aktionsplan zum Schutz von Frauen vor Gewalt sieht bis 2016 Aktivitäten zur Koordination von politischen Maßnahmen vor. Denn die Kompetenzen sind höchst unterschiedlich verteilt: So gibt es zum Beispiel neun Prostitutionsgesetze, da diese Ländersache sind.

"Vieles aufzuholen" gibt es nach Überzeugung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bei der Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderung. In seinem Ressort befinde sich eine Studie dazu in Vorbereitung, sagte der Politiker. (APA, 18.11.2014)