Bischof mit traditionellem Familiensinn: Klaus Küng.

Robert Newald

STANDARD: Nach immerhin 20 Jahren soll das Fortpflanzungsmedizingesetz der Gesellschaft angepasst werden. Was empört Sie daran?

Küng: Ich halte die geplanten "Anpassungen" nicht für einen Fortschritt, sondern für einen Dammbruch, eine fortschreitende Fehlentwicklung. Kinder werden immer mehr zum "Produkt" einer Fortpflanzungsindustrie, das man sich erwirbt oder das man "verwirft", wenn es nicht passt. Die Ermöglichung von Eizellenspenden öffnet Tür und Tor der Praxis von Leihmüttern, einer weltweit zu beobachtenden Tendenz zu Leid und Ausbeutung von Frauen. Und sowohl Eizellen- als auch Samenspenden Dritter unterhöhlen die Identität des auf einer solchen Grundlage "erzeugten" Kindes. Für besonders schlimm halte ich die Zulassung der PID, auch wenn sie – jedenfalls derzeit – auf Einzelfälle beschränkt wird."

STANDARD: Aber es wird die Chance auf mehr Kinder erhöht. Das muss doch im Interesse eines Familienbischofs sein, oder?

Küng: Da gibt es bessere Wege: den Stellenwert von Familien in der Gesellschaft zu verbessern, und damit die ideelle, und materielle Förderung der Familie. Da gibt es ein großes Potenzial, um Familien das Vertrauen zu geben, mehr als ein Kind zu bekommen.

STANDARD: Sie sind auch Mediziner, wo sehen sie aus medizinischer Sicht die Gefahren?

Küng: Bezüglich Eizellspende sind es Belastungen und sicherlich auch Gefahren für die Frauen, von denen Eizellen entnommen werden. Auch für jene, die sie empfangen, dürften Risiken vorhanden sein, aktuell sieht man das auch an der soeben veröffentlichten Statistik über die steigenden Frühgeburten vor der 32. Schwangerschaftswoche. Bei IVF sehe ich weiterhin ein Riesenproblem in der Art, wie mit Leben umgegangen wird: Wie viele Fehlversuche stattfinden, davon redet man nicht.

STANDARD: Der Druck, der auf Paaren mit einem unerfüllten Kinderwunsch lastet, ist aber mitunter enorm.

Küng: Der Druck entsteht vor allem auch durch medizinische Versprechungen, was alles machbar und möglich sei.

STANDARD: Was würden Sie solchen Paaren raten, die nur mittels IVF – eben auch mittels einer Fremd-Samenspende – Kinder kriegen können? Nur hoffen und beten wird wohl nicht ausreichen, oder?

Küng: Es besteht die Möglichkeit, Kinder zu adoptieren oder in Pflege zu nehmen. Manche Ehepaare, denen kein Kindersegen zuteil wird, ziehen es vor, sich sozial zu engagieren.

STANDARD: Hauptkritikpunkt der Kirche ist die Samenspende für lesbische Paare. Warum nicht zwei Frauen diese Möglichkeit bieten?

Küng: Die Sorge gilt dem Kind, das den Vater nicht kennt, und nicht einmal erfährt, wenn die Mutter es nicht will. Dieses Kind kann nicht die bei Vater und Mutter, die zwischen und von Mann und Frau unterschiedliche Arten zu lieben erleben, was für die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung ist.

STANDARD: Die Begutachtungsfrist ist mit zwei Wochen relativ kurz angesetzt, ärgert Sie das?

Küng: In der Tat ist das sehr bedenklich. Die Politik meint anscheinend, mit internationalen Entwicklungen mithalten zu müssen. Ich halte das für einen sehr großen Irrtum.

STANDARD: Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter hat es ja bereits ein Gespräch gegeben. Zu Ihrer Zufriedenheit?

Küng: Wir hatten nur bei einem Empfang in Grafenegg einen Smalltalk. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 19.11.2014)