Bild nicht mehr verfügbar.

Auch drei Monate nach dem Tod Michael Browns legen Menschen an der Stelle Blumen und Stofftiere ab, wo der Teenager erschossen wurde. Die Stadtverwaltung befürchtet demnächst neue Ausschreitungen.

Foto: AP Photo/Charlie Riedel

Jay Nixon baut vor. Da er neue Unruhen in Ferguson befürchtet, hat der Gouverneur von Missouri den Notstand verhängt und präventiv die Nationalgarde mobilisiert. Die militärische Reserve soll alles bewachen, was bei Ausschreitungen abgefackelt oder geplündert werden könnte: Shopping-Malls, Tankstellen, Regierungsgebäude.

Es ist eine Entscheidung, an der sich die Geister scheiden. Francis Slay etwa, der Bürgermeister von St. Louis, spricht zustimmend von angemessener Vorsicht. Ähnlich sieht es das FBI, das Polizeireviere im ganzen Land auf Angriffe "extremistischer Protestler" einstellt für den Fall, dass der Officer Darren Wilson, der am 9. August den schwarzen Teenager Michael Brown erschoss, nicht vor Gericht gestellt wird.

Wie Warnung vor Bürgerkrieg

Die Leute dürften bewaffnet sein, sie könnten Gasmasken und kugelsichere Westen tragen, heißt es in einem von der Washington Post zitierten Rundschreiben, dessen Tenor klingt wie die Warnung vor einem Bürgerkrieg.

Andererseits sehen lokale Abgeordnete in Nixons Schritt eine unnötige Provokation, die fatale Militarisierung eines Polizeieinsatzes, wie sie im Sommer zusätzlich Öl ins Feuer gegossen hatte.

Die Gardisten rücken in gepanzerten Humvees an, viele haben im Irak und in Afghanistan gekämpft, im Grunde unterscheiden sie sich nur nominell von regulären Soldaten. "Eine militärische Präsenz in meiner Stadt bedeutet ein historisches Versagen der Zivilregierung", sagt Antonio French, ein afroamerikanischer Stadtrat von St. Louis.

Maria Chappelle-Nadal, die Ferguson im Senat Missouris vertritt, schrieb einen offenen Brief an Barack Obama, um den Präsidenten zu bitten, selber das Kommando über die Einsatzkräfte zu übernehmen. Sie rechne mit "potenziell tragischen Konsequenzen", sollte die Nationalgarde allein auf Order des Gouverneurs handeln.

Geschworene tagen seit drei Monaten

Ferguson rechnet mit dem Schlimmsten, was allein schon die Sperrholzplatten-Fronten vor den Ladenschaufenstern verraten. Praktisch täglich erwartet man eine Entscheidung jener Grand Jury, die zu beurteilen hat, ob genügend Beweise vorliegen, um gegen Wilson Anklage zu erheben.

Dass die zwölf Geschworenen bereits seit drei Monaten tagen, ungewöhnlich lange, dazu strikt unter Ausschluss der Öffentlichkeit, hat die Nervosität nur noch verstärkt. Was bruchstückhaft durchgesickert ist an Informationen, oft auch nur Gerüchten, lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass der Beamte demnächst vor einem Richter erscheint.

Vielmehr könnte die Jury der Polizeiversion folgen, wonach er aus Notwehr schoss, nachdem er von dem unbewaffneten Brown attackiert worden war. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 19.11.2014)