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"Es war der Staat" - junge Mexikanerinnen und Mexikaner auf einer Demonstration in der Hauptstadt.

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Mexiko-Stadt/Wien - Die Stimmung in Mexiko ist angespannt - dieser Eindruck bestätigt sich immer wieder, wenn man mit mexikanischen Studierenden spricht. Besonders aufgeheizt ist die Situation in der Hauptstadt Mexiko- Stadt und im Bundesstaat Guerrero, wo 43 Studierende Anfang September verschwunden sind.

Zahlreiche Demonstrationen

Dem Verschwinden der jungen Menschen folgte damals ein Aufschrei von Studierenden und Lehrenden, denen sich bald auch große Teile der Zivilbevölkerung anschlossen. Sie marschierten und demonstrierten für das schnelle Aufklären des Verbrechens. Einige unter ihnen waren anfangs noch optimistisch, dass die 43 gefunden werden.

Am 7. November wurde diese Hoffnung zerstört: Die Regierung erklärte, die Überreste der Studierenden seien gefunden worden. "Das war ein harter Schlag für uns", erzählt Juan Carlos Martínez, der an der Universidad Nacional Autónoma de México in Mexiko-Stadt Sport studiert.

Viele Studierende sind fassungslos, einige vermuten, dass die Regierung ein Ablenkungsmanöver fährt und die 43 noch nicht gefunden wurden. Die Kundgebungen und Demonstrationen halten an - für heute, 20. November, war ein 48-Stunden-Streik im Gespräch.

Durch das Engagement der Uni-Angehörigen sind bisher viele Lehrveranstaltungen ausgefallen, die Verlängerung des Uni-Semesters um eine Woche wird daher diskutiert.

Straffreie Mafia

Das Verbrechen an den 43 Studierenden habe "das Fass zum Überlaufen gebracht", sagt Oswaldo Santana, ein Elektronikstudent aus Queretaro in Zentralmexiko. Schon davor kam es immer wieder zu Protesten - gegen Machtmissbrauch, Korruption, Straffreiheit der Mafia und die mächtigen Drogenkartelle.

"Wir haben die brutale Gewalt satt, die Mexiko in den vergangenen Jahren gesehen hat", sagt Santana. Auch Studierende elitärer Privatuniversitäten haben sich dieses Mal den Protesten angeschlossen - das ist bisher kaum vorgekommen.

Juan Martínez' Cousin, Lalo Martínez, sieht die Protestaktionen kritisch. Der Jusstudent findet, die Aktionen seien schlecht organisiert, sorgten für zusätzliches Chaos und bewegten nichts. Die Forderungen teilt er aber - und schließt sich den Protesten daher auch immer wieder an.

Die Ermordung der Lehramtsstudenten empöre die Menschen auch deshalb so, weil sie Erinnerungen an massive Gewalt an demonstrierenden Studierenden in Mexiko-City 1968 wachrüttle, sagt Juan Martínez.

Die Hinterbliebenen der entführten Studierenden beschweren sich über die Informationspolitik der Regierung und langes Warten. Sie wollen weiter auf die Straße gehen. (Alicia Prager, DER STANDARD, 20.11.2014)