Wien - Es gibt zwei Möglichkeiten, warum die Wiener Magistratsabteilung 11, das Jugendamt, "Die ganze Woche" vor Gericht gebracht hat: entweder aus Sorge um die Persönlichkeitsrechte eines Kindes. Oder aus Rachsucht. Denn in dem inkriminierten Artikel, über den Richter Gerald Wagner entscheiden muss, wird die Behörde scharf angegangen.

"In den Fängen des Jugendamtes" war die Geschichte im Sommer betitelt, Mütter, deren Kinder in Heimen untergebracht waren, erhoben darin Vorwürfe.

Auch Karin H., deren Tochter nach einem Fenstersturz auf einen Rollstuhl angewiesen war. Die Journalistin garnierte den Artikel mit einem Foto von Mutter und Kind. Das Problem: Das Jugendamt hatte zu diesem Zeitpunkt einen Teil der Obsorge inne. Die Journalistin hatte aber mit der Mutter, die selbst an die Öffentlichkeit gegangen war, Kontakt und die Erlaubnis.

Öffentlichkeit ausgeschlossen

Da das Mädchen an einer leichten Entwicklungsstörung leidet und die Krankheit auch besprochen wird, schließt Richter Wagner die Öffentlichkeit bis zu den Schlussplädoyers aus.

Der Anwalt der MA 11 argumentiert, das Kind sei mit Sätzen wie "Die Wunden an der Seele (verheilen, Anm.) wohl nie" bloßgestellt worden, der Artikel sei reißerisch. Ganz anders sieht es der Vertreter des Mediums: "Der Jugendwohlfahrtsträger schützt nicht das Kind, sondern sich selbst", vermutet er eine Retourkutsche.

Richter Wagner sieht das ähnlich und weist die Klage ab. Auch wenn es objektiv ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Kindes gewesen sei – nur ein Teil der Obsorge sei beim Jugendamt gelegen. "Es muss der Mutter unbenommen bleiben, mit Kritik an die Öffentlichkeit zu gehen." (Michael Möseneder, DER STANDARD, 20.11.2014)