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Vorschlag zum besseren Verständnis von Politikern für Kinderrechte: In Gemeinderäten, Landtagen und dem Nationalrat sollen einmal jährlich Minderjährige zu Wort kommen.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Auch ein Vorreiter könne noch Aufholbedarf haben, meint Helmut Sax vom Wiener Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte. Der Umgang Österreichs mit der Kinderrechtskonvention, die am Donnerstag vor 25 Jahren von der UN-Generalversammlung in New York angenommen wurde, ist für den Kinderrechtsexperten dafür ein gutes Beispiel.

Denn zwar ist Österreich EU-weit das einzige Land, das einzelne Kinderrechte in den Verfassungsrang erhoben hat. Und außenpolitisch unterstützt die Republik seit Jahren Initiativen gegen den Kinderhandel, gegen die Ausbeutung von Minderjährigen und setzt sich für deren Schutz in bewaffneten Konflikten ein. Doch, so Sax: "Zwischen Außen- und Innenpolitik besteht, was Kinderrechte angeht, eine Diskrepanz."

Vorbehalt im Verfassungsgesetz

Das mache sich zum Beispiel im Kampf gegen Kinderhandel bemerkbar. Seit vier Jahren versuche die unter der Leitung des Außenministeriums agierende Taskforce Menschenhandel, ein bundesweites Konzept für die Betreuung von Kinderhandel-Opfern durchzusetzen. Von Wien, Niederösterreich und Vorarlberg abgesehen mangle es an Interesse.

Zum Teil werde überhaupt geleugnet, dass es in Österreich gehandelte Kinder aus dem Ausland gebe, zum Beispiel als Taschendiebe. Aber auch insgesamt seien "die Kinder- und Jugendhilfen, wie Behörden überhaupt, noch stark auf österreichische Kinder fokussiert".

Diese Grundeinstellung kommt unter anderem in einem Vorbehalt im Verfassungsgesetz zum Ausdruck, der schon vor dessen Beschluss für Kritik sorgte: Laut Artikel 7 sind die Kinderrechte in Fällen nicht anzuwenden, die unter anderem die "öffentliche Sicherheit" tangieren – also nicht in Fremden- und Asylsachen, die als Sicherheitsfragen gelten.

Ungleiche Geldleistungen

Auch im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen mache sich die Schlechterstellung ausländischer Kinder bemerkbar, sagt Elisabeth Schaffelhofer, Geschäftsführerin des Organisations- und NGO-Dachverbands Netzwerk Kinderrechte. Messbar sei das am Geld: Der höchste Tagsatz für die Betreuung minderjähriger Asylwerber sei nur halb so hoch wie jener, der für österreichische oder in Österreich fix aufhältige unter 18-Jährige zur Verfügung steht, die fremduntergebracht sind.

Das, so Schaffelhofer, sei eigentlich ein Fall für heimische Gerichte – "und hoffentlich auch bald darüber hinaus". Konkret meint die Expertin hier den für die Kinderrechtskonvention zuständigen Ausschuss der Vereinten Nationen in Genf. Laut dem dritten Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention kann dort Individualklage eingelegt werden – sofern das Land, aus dem die Beschwerde kommt, das Protokoll bereits ratifiziert hat.

Direkte Konfrontation mit Kindern und Jugendlichen

Österreich hat das bis dato nicht getan, daher fordern Schaffelhofer und Sax die baldige Ratifizierung; laut Familien- und Außenministerium hat das jedoch keine Priorität. Um den allgemeinen Stellenwert der Kinderrechte in Österreich zu erhöhen, müssten also erst die politischen Entscheidungsträger gewonnen werden. Am besten, so Schaffelhofer, geschehe das durch direkte Konfrontation mit den Wünschen, Problemen und Forderungen der Jungen: "Das Netzwerk Kinderrechte schlägt vor, dass in jedem Gemeinderat, in jedem Landtag sowie im Nationalrat einmal jährlich verpflichtend Kinder und Jugendliche ans Wort kommen sollen." (Irene Brickner, DER STANDARD, 20.11.2014)