Bei Riechtests bevorzugen Babys instinktiv die Milch ihrer Mutter gegenüber Formulanahrung.

Foto: Gudrun Böhm/vslö

Kaum ein Thema im Bereich der Kindererziehung erregt die öffentlichen Gemüter so stark wie die Nahrungsaufnahme des Babys. Waren die Gründe für das Stillen früher vorwiegend Kostengründe und die Reduktion der Säuglingssterblichkeit, sind es heutzutage das Wissen um die multiplen Gesundheitsvorteile für Mutter und Kind, die Vermeidung von Allergien und Adipositas im Erwachsenenalter sowie eine Stärkung der Mutter-Kind-Bindung.

Der Österreichische Stillverband VSLÖ beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit diesem Thema, um Mütter aufzuklären, zu unterstützen und vor allem auch die öffentliche Meinung dazu zu sensibilisieren und Verständnis zu schaffen. Im Rahmen einer Fachtagung zum 20-jährigen Jubiläum wurden zahlreiche Aspekte beleuchtet, die die langfristigen Vorteile von gestillten Kindern untermauern.

Fixe Stillzeiten produzieren häufig Probleme

Interessant ist die Tatsache, dass Babys bei Riechtests instinktiv Muttermilch der eigenen Mutter gegenüber Formulanahrung bevorzugen. Ungeklärt ist allerdings, ob die mütterliche Ernährung Einfluss auf Aromastoffe in der Muttermilch nimmt. Häufiges Stillen (mindestens acht bis zwölf Mal in 24 Stunden) in den ersten Lebenstagen ermöglicht einen optimalen Stillstart.

Auch später gibt es keinen fixen Vier-Stunden-Rhythmus, wie es oft noch propagiert wird. Jedes Stillpaar hat seinen individuellen Rhythmus. "Wichtig ist, dass Frauen nach Bedarf stillen: einerseits wenn das Kind mit Stillzeichen signalisiert, dass es angelegt werden möchte, andererseits, wenn die Mutter das Bedürfnis nach einer Entleerung der Brust hat", sagt Gudrun Böhm, Assistenzärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Linz und Vizepräsidentin des VSLÖ. Hier gelte das Prinzip von Angebot und Nachfrage. "Zu lange Pausen reduzieren die Milchmenge und erhöhen das Risiko für einen Milchstau oder eine Brustentzündung", so Böhm.

"Clusterfeeding" bezeichnet ein vollkommen natürliches Verhalten, bei dem Babys über mehrere Stunden mit kurzen Pausen immer wieder gestillt werden wollen. Die positiven Aspekte dieses Verhaltens zeigen sich in der vermehrten Ausschüttung der Hormone Oxytocin und Prolaktin und somit in einer gesteigerten Milchbildung. Dieses Verhalten tritt häufig abends auf und sichert die Milchproduktion für den nächsten Tag.

Qualifizierte Beratung

Wer bei all den unterschiedlichen Meinungen und Ratschlägen, die in den Medien und der Öffentlichkeit zum Thema Stillen kursieren, Rat sucht, sollte allerdings besonderen Wert auf die Qualifikation der Beraterin legen. Eine Stillberaterin, die die Bezeichnung IBCLC (international board certified lactation consultant) tragen darf, kommt aus einem Gesundheits- oder gesundheitsverwandten Beruf (z.B. Ärztin, Hebamme, Krankenschwester, Physiotherapeutin, Logotherapeutin usw.) und hat eine umfassende theoretische und praktische Ausbildung auf dem Gebiet des Stillens absolviert.

In Einzel- oder Gruppenberatungen können sich werdende oder bereits stillende Mütter über das Stillen informieren und wertvolle bedürfnisgerechte Tipps holen. Hilfreich ist eine Beratung bereits in der Schwangerschaft, um sich schon vor der Geburt des Kindes auf die ersten Tage mit dem Baby vorbereiten zu können. Während der Stillzeit ist die Stillberaterin IBCLC von Anfang an Ansprechperson bei Unsicherheiten bezüglich optimaler Gewichtszunahme, Erkrankungen der laktierenden Brust und allen Fragen, die sich rund ums Stillen ergeben. Auf der neugestalteten Homepage finden Eltern leicht Stillberaterinnen in ihrer Umgebung. (red, derStandard.at, 21.11.2014)