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Der durchschnittlichen Verbrauch von Wegwerfsackerln soll pro Kopf und Jahr von 200 auf etwa 90 sinken.

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Grafik: APA

Brüssel - Die EU-Staaten haben am Freitag einen Kompromiss zur geplanten Reduktion von Plastiksackerln einstimmig angenommen. Konkret geht es um zehn Maßnahmen für sogenannte Einweg- oder Wegwerfsackerl mit einer Dicke von weniger als 0,05 Millimeter, wie sie etwa in Obst- und Gemüseabteilungen verwendet werden. Diese können entweder völlig verboten werden, oder der Kunde muss sie in den Geschäften bezahlen. Ausnahmen gibt es allerdings in Hygienefällen, in denen solche leichten Plastiksackerln noch verwendet werden dürfen.

Sackerl oft kostenlos abgegeben

Ziel ist, den durchschnittlichen Sackerlverbrauch pro Kopf und Jahr von derzeit rund 200 bis zum Jahr 2019 auf etwa 90 zu verringern. Bis 2025 soll es eine weitere Reduktion auf 45 Sackerl pro Kopf geben. Bisher werden viele solcher Einwegsackerln kostenlos etwa an der Kassa von Geschäften abgegeben.

Die Umweltorganisation Greenpeace forderte anlässlich der Einigung einen umfassenden österreichischen Plastiksackerl-Aktionsplan. Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit verlangte von Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP), mit einem Plan dafür zu sorgen, dass die jährliche Milliarde an Plastiksackerln rasch aus Österreich verschwinde. Eine entsprechende Greenpeace-Petition sei bereits binnen weniger Tage von 20.000 Österreichern unterschrieben worden.

Mehr Sackerln als angenommen

"Das Plastiksackerl-Problem in Österreich ist wesentlich größer als ursprünglich angenommen", ergänzte Greenpeace-Umweltdirektorin Hanna Simons, "Greenpeace-Recherchen haben ergeben, dass anstatt der offiziell genannten 350 Millionen Sackerl, rund eine Milliarde Sackerl pro Jahr anfallen - die Hälfte davon sind die dünnen Knotenbeutel für Obst, Gemüse und Fleisch, die EU-weit gar nicht reduziert werden müssten."

Laut Greenpeace müsse die Zahl an nicht bis kaum wiederverwendbaren Sackerl rasch drastisch reduziert werden, ohne dass es zu einer bloßen Verschiebung zu anderen Sackerl-Materialien kommt. Denn im Hinblick auf die Gesamt-Ökobilanzen stellen weder Papier noch Bio-Plastik ökologische Alternativen dar. Die einzig sinnvolle Lösung seien daher ausschließlich oft wiederverwendbare Tragehilfen wie Stofftaschen oder Körbe.

"Blockade bis fünf vor Zwölf"

Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europaparlaments und Delegationsleiterin der österreichischen Grünen, feierte den am Freitag beschlossenen Kompromiss indes als "Riesenerfolg im Kampf gegen Plastikmüll" und "Meilenstein in der EU-Umweltpolitik". Allerdings sei es "sehr bedauerlich, dass die EU-Kommission durch ihre Blockadehaltung bis fünf Minuten vor Zwölf entscheidend dazu beigetragen hat, den Kompromiss abzuschwächen. Weil wir befürchten mussten, die Einigung gegen die Kommission durchsetzen zu müssen, waren wir auf die Zustimmung aller 28 Staaten angewiesen. Somit konnte das EU-Parlament ein Verbot der umweltschädlichen besonders dünnen Oxo-Plastiktüten nicht durchsetzen."

Diese ultradünnen Sackerln seien besonders problematisch, weil sie in Mikro-Plastikteilchen zerfallen, dadurch die Umwelt verschmutzen und Probleme im Recycling-Prozess bereiten. Nun müsse auf eine Studie der EU-Kommission gewertet werden, um weitere Schritte gegen die Oxo-Sackerln vornehmen zu können, berichtete Lunacek.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner meinte dazu, er wolle diesen Kompromiss "eher mit Anreizen als Verboten" umsetzen. Auf die Frage, ob es in Österreich entweder ein Verbot von Einwegsackerl in Geschäften geben werde oder ob dafür bezahlt werden sollte, meinte Mitterlehner nach dem EU-Handelsrat, diese Diskussion sei noch zu führen. (APA, frei, derStandard, 21.11.2014)