Mittlerweile hat sich selbst bei wohlmeinendsten Beobachtern des iranischen Regimes herumgesprochen, dass sich die Situation im Land durch den dauerlächelnden Hassan Rohani nicht verbessert, sondern in vielen Aspekten sogar verschlechtert hat: Seit der Präsidentschaft des freundlichen Gesichts des Terrors haben die Hinrichtungen dramatisch zugenommen. Die Todesstrafe für Homosexualität wird weiterhin vollstreckt. Oppositionelle und religiöse Minderheiten wie die Bahai werden genauso gnadenlos verfolgt wie in den vergangenen Jahren. Das Bündnis mit der libanesischen Terrormiliz Hisbollah ist intakt, jenes mit der Hamas wurde erneuert: Ohne die iranischen Waffenlieferungen wären die palästinensischen Muslimbrüder gar nicht in der Lage gewesen, Israel im Sommer mit tausenden Raketen zu beschießen. Der oberste geistliche Führer, Ali Khamenei, stellt bis zum heutigen Tag den Holocaust infrage und droht dem jüdischen Staat immer wieder mit der Vernichtung - zuletzt am 9. November.

Mit Widerspruch müssen die Machthaber in Teheran kaum rechnen: Die Verhandlungen über das Nuklearprogramm haben sie gegen Kritik nahezu immunisiert. Der Freibrief für das Agieren der "Islamischen Republik" wird durch die abwegige Strategie der USA noch bekräftigt, die Quds-Brigaden der iranischen Revolutionswächter, die das Ziel all ihrer Bestrebungen - Jerusalem - bereits im Namen tragen, in die Bekämpfung des "Islamischen Staats" einzubinden. Das verschafft dem Iran zusätzlichen Verhandlungsspielraum bei den Atomgesprächen.

Zeitgewinn

Deren wahrscheinlichster Ausgang ist derzeit, dass sie abermals verlängert werden und die Ajatollahs weitere Zeit gewinnen, um den Point of no Return für ihre nukleare Option zu erreichen. Sollte es doch bis zum 24. November zu einem Deal kommen, so wird es ein schlechter sein: Er wird die Infrastruktur des Atom- und Raketenprogramms intakt lassen und die von ihnen ausgehenden Gefahren nicht beseitigen, sondern institutionalisieren.

Israel wird durch die westliche Verhandlungs- und Kooperationspolitik mit Teheran mit seinen Warnungen vor einem faulen Kompromiss bezüglich des Atomprogramms immer mehr in die Isolation getrieben. Die Aufweichung der Sanktionen seit dem Genfer Übergangsabkommen unterminiert den Druck auf die Ajatollahs ebenso wie die Kooperation österreichischer Institutionen wie beispielsweise der Montanuniversität Leoben mit iranischen Partnern - darunter die von der EU mit Sanktionen belegte Sharif-Universität in Teheran.

Fauler Kompromiss

Die Militäroption gegenüber dem Iran tritt durch die Aufweichung der Sanktionen und die Möglichkeit eines faulen Kompromisses wieder stärker ins Zentrum der Debatte. Sollte es zu dieser Option kommen, wäre das nicht die Schuld Israels, sondern all jener Staaten, die durch ihre Iranpolitik und -geschäfte in den letzten drei Dekaden Israel im Stich gelassen und Teheran überhaupt erst in die Lage versetzt haben, ein sündteures Atomwaffen- und Raketenprogramm zu betreiben. (Stephan Grigat, DER STANDARD, 24.11.2014)