Ferry Öllinger als "Der Herr Novak": Chauvinismus hat kein Ablaufdatum.

FOTO: CHRISTOPH HADERER / Rabenhof

Wien - Die ganze Zeit wird geredet, aber nie was Echtes gesagt. So ist der Herr Novak (Ferry Öllinger) aus Gerhard Haderers MOFF-"Schundheftln" eben - egal ob er nun über seinen Onkel Kurti Waldheim erzählt, Indiskretionen über seine Verflechtung in den Fall Arigona Zogaj flüstert, oder ob er Karl-Heinz Grasser auf dem Herrenklo mit dessen Gattin verwechselt. Und ein bisserl chauvinistisch ist er. Doch das ist auf der Bühne des Rabenhof-Theaters das einzig Gute an ihm: Chauvinismus hatte bisher kein Ablaufdatum, Feministinnen-Witze (Hose, Wollsocken, unfrisiert) gehen immer; im Unterschied zur Klage über Karl Schranz' Ausschluss von Olympia 1972 in Sapporo, der Schnee von gestern ist, sodass die Umstände der Empörung mittlerweile umständlich erklärt werden müssen.

Ja, natürlich sind auch diese Nummern kritisch - von Haderer darf man sich nichts anderes erwarten. Doch der zeitliche Abstand zwischen deren Aktualität und dieser Aufführung ist einfach zu groß, der Stoff hat seine Haltbarkeitsdauer überschritten. Und so wird Zeitkritik zu Nostalgie: Ach, klar, da waren mal der Haider und die Mitzi Fekter und der Fendrich, der seine Gitarre wie sein Geschlechtsteil zupft (oder umgekehrt) - aber wenn einer von denen heute noch interessant ist, dann für die Gerichte.

Der Herr Novak bestätigt längst Breitgetretenes, frischt die Farben alter Karikaturen auf. Apropos Karikaturen: Dass das Bühnenprogramm als eine Art von Best-of-Restlverwertung um ein paar MOFF-Comics gezimmert ist, merkt man den dürftigst verstrickten Szenen zu alldem leider auch an.

Es stellt sich die Frage: Ist es für einen kritischen Karikaturisten wie Haderer nicht ein Zeichen von Schwäche, auf so alten Gäulen herumzureiten? Für Kultfiguren wie den Herrn Novak lässt sich wohl dasselbe feststellen wie für Tradition: Es kann nicht um die Anbetung der Asche gehen.

Der Fairness halber sei aber doch erwähnt: Die anderen haben gelacht. (Michael Wurmitzer, DER STANDARD, 24.11.2014)