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Immer nur wachsen: 2017 soll der dritte Flughafen in Istanbul aufsperren. Was dann aus dem alten Atatürk-Flughafen werden soll, steht noch nicht fest.

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Istanbul will Atlanta und Peking, den Städten mit den größten Flughäfen der Welt, Konkurrenz machen.

Lange Rechtskurve über die Prinzeninseln, der Dreifachsitzgurt spannt etwas im Schritt, doch für Bequemlichkeit ist jetzt keine Zeit, denn die Landepiste des Flughafen Atatürk rückt schnell näher. Das Flattern der Tragflächen kriegen wir bis zum Schluss nicht mehr in den Griff. Es wird eine perfekte Bruchlandung auf dem Grünstreifen.

Erkan, der Lehrer, schiebt freundlicherweise den Geschwindigkeitsregler auf null und drückt noch ein paar Knöpfe im Cockpit. Besucher haben in der Regel ein kurzes Spiel, bei ausgebildeten Piloten ist das natürlich anders. Von Uzbekistan Airways bis Lufthansa kommen sie hier her, um in Erkans Flugsimulatoren zu trainieren. Fünf dieser weißen Kästen, die wie Raumkapseln aussehen, stehen im Ausbildungszentrum von Turkish Airways in Istanbul - zwei für den Airbus 320, zwei für die Boeing 737 und ein Simulator für die Boeing 777. Es ist ein Zeichen für die rasant gewachsene Bedeutung der nationalen Fluglinie der Türkei auf dem Weltmarkt.

"Wir haben einen sehr aggressiven Wachstumsplan", sagt Fatih Cigal, einer der Vizepräsidenten von Turkish Airlines und zuständig für Mitteleuropa. 85 Maschinen hatte die Fluglinie noch vor knapp zehn Jahren; 260 sind es heute, und mehr als 450 sollen es 2023 sein, zum 100. Gründungsjahr der Republik. Da rechnen die Manager von Turkish nicht anders als die national-religiöse Regierungspartei und Staatschef Tayyip Erdogan.

Einfluss der Politik

49 Prozent Anteil hält der türkische Staat an der Fluglinie. Der Einfluss der Politik ist beachtlich und lässt sich an Kleinigkeiten ablesen ebenso wie an großen Unternehmensentscheidungen: an der Tageszeitung Zaman (bis vor kurzem knapp eine Million Auflage), die aus dem Leseangebot an Bord verschwand, weil sie ins Lager der Regierungskritiker gewechselt war; oder an der massiven Ausweitung der Flugverbindungen von Turkish Airlines nach Afrika, die auch die türkische Exportwirtschaft unterstützen und Stimmen in der Uno-Vollversammlung bei der Wahl der Türkei in den Sicherheitsrat sichern sollte (Letzteres schlug im Oktober fehl).

Turkish-Airlines-Vertreter würden das in Abrede stellen, ebenso wie die angebliche Diskussion über ein Lippenstiftverbot für Stewardessen. "Wir sind ein internationaler Markenname, kein islamischer", sagt Ziya Taskent, ein Senior-Vizepräsident, über seine Fluglinie. Tatsächlich würde dem Unternehmen eine konservative islamische Ausrichtung nur schaden. Etwa 56 Mio. Passagiere werden dieses Jahr Turkish Airlines benutzt haben, 600 Mio. Dollar Gewinn werden erwartet. Turkish fliegt nun in mehr Länder als jede andere Gesellschaft auf der Welt und hat die meisten internationalen Zielorte - 219 und steigend. Was bedeutet: Istanbul ist eine Drehscheibe für den Flugverkehr von Europa und den USA nach Asien, Afrika und in den Nahen und Mittleren Osten geworden.

Dritter Flughafen

Der dritte Flughafen, der nun im Norden der Millionenstadt an der Schwarzmeerküste entsteht, dürfte diesen Trend erheblich verstärken. 2017 soll der Flughafen in Betrieb gehen und 2021 seine volle Kapazität mit 150 Mio. Passagieren im Jahr erreichen. Istanbul wäre dann der größte Flughafen der Welt nach Peking und Atlanta.

Der Bau eines dritten Terminals in Frankfurt vom nächsten Jahr an gilt als Antwort auf Istanbul. Es sei richtig: Der Wettbewerb mit Lufthansa habe zugenommen, gibt Fatih Cigal zu. Seit Lufthansa - und damit auch die AUA - das Codesharing mit Turkish Airlines kündigte und die Meilenpunkte für Turkish-Flieger zusammenstrich, ist für die Passagiere nicht mehr ganz ersichtlich, was die Star Alliance noch bedeutet. Aus dem Star-Alliance-Terminal in München - dem Terminal 2 - ist Turkish Airlines schon hinausgedrängt worden.

Linz noch nicht entschieden

Die Kooperation mit der deutschen Gruppe gehe gleichwohl anderswo weiter, versichern die Turkish-Manager und verweisen auf die gemeinsame Fluglinie Sun Express. In Österreich habe sich die 2013 aufgenommene Verbindung Istanbul und Salzburg bewährt; sie ist mittlerweile täglich und im Jahresschnitt zu 70 Prozent ausgelastet. Eine Ausweitung auf Linz - mit Blick auf Siemens-Kunden - ist noch nicht entschieden. (Markus Bernath aus Istanbul, DER STANDARD, 24.11.2014)