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Der Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker wird am Montagabend im EU-Parlament diskutiert.

Foto: EPA/JULIEN WARNAND

Brüssel/Straßburg - Der Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker ist von den großen Fraktionen im Europaparlament als destruktive Attacke von Rechten zurückgewiesen worden.

Den Antragstellern um Nigel Farage von der britischen Anti-EU-Partei Ukip und Marine Le Pen vom französischen Front National gehe es nur um Aufmerksamkeit, kritisierte Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), am Montagabend bei der Debatte über den Antrag in Straßburg. "Rechtsradikalen und Rechtspopulisten" dürfe kein Erfolg gegönnt werden.

Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella, wies auf die möglichen Folgen eines Sturzes der EU-Kommission hin. Ein solcher würde unter anderem das für Europa so wichtige Investitionspaket in Höhe von 300 Milliarden Euro gefährden. "Wollen Sie, das wir im Abgrund versinken?", rief Pittella den Antragstellern zu. "Wir wollen das nicht."

Kritik am Antrag auch von Leichtfried und Freund

Auch der sozialdemokratische Vize-Fraktionschef Jörg Leichtfried lehnte den Misstrauensantrag ab. "Es geht in Wahrheit nicht um das Wohl Europas, sondern darum, die Institutionen zu schwächen." Die Abgeordneten dürften sich nicht von Farage und Le Pen in Geiselhaft nehmen lassen.

Leichtfried sieht allerdings Juncker durch die Steueraffäre geschwächt. "Es ist eine kritische Situation", sagte er. Juncker sei "prädestiniert aufzuräumen, weil er weiß, wie es funktioniert", sagte der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund.

Geringe Chance für Juncker-Gegner

Eingereicht hatte den Misstrauensantrag eine Gruppe von 76 Abgeordneten. Sie ist nach den jüngsten Enthüllungen über Steuersparmodelle für Unternehmen in Junckers Heimatland Luxemburg der Ansicht, dass dem 59-Jährigen Juncker als Präsident der Europäischen Kommission kein Vertrauen mehr entgegenbracht werden könne. Die Abstimmung ist für Donnerstagmittag (12.00 Uhr) angesetzt. Ein Erfolg der Juncker-Gegner gilt als ausgeschlossen, da die großen Fraktionen hinter dem Christdemokraten stehen.

Juncker selbst wies bei der Parlamentsdebatte darauf hin, dass die neue Kommission bereits an Gesetzesvorschlägen arbeite, um den Missbrauch von Steuerabsprachen für Konzerne ("tax rulings") zu verhindern. Er bezeichnete sich als getroffen von den Vorwürfen gegen seine Person. "Hört auf, mich zu beleidigen", sagte er. Er habe das diskutierte Steuersystem nicht zu verantworten.

Kritik an einer "EU des Betrugs"

Zuvor hatte Marine Le Pen den Misstrauensantrag unter anderen mit den Worten begründet, Juncker sei ein exzellentes Beispiel dafür, zu was für einem Monster die EU geworden sei. Er stehe für eine EU des Betrugs, der Mauschelei, die nur den Großen zugutekomme.

Die Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) im EU-Parlament erklärten schriftlich: "Alle AfD-Abgeordneten werden für den Misstrauensantrag stimmen, weil Herr Juncker sich weigert, die politische Verantwortung für das von seiner Regierung betriebene steuerliche Raubrittertum zu übernehmen."

Die deutsche Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms sagte hingegen: "Wir glauben, dass Jean-Claude Juncker (...) mit seiner gesamten Kommission heute dafür steht, die Dinge zu verändern, die in Luxemburg, aber auch in anderen Ländern (...) schief gegangen sind." Die Lux-Leaks-Veröffentlichungen hätten allerdings ein neues großes Unbehagen der Bürger gegenüber der EU verursacht – in Zeiten, in denen eigentlich neuer Enthusiasmus notwendig gewesen wäre. Die Vorwürfe müssten bedingungslos aufgeklärt werden.

Die deutsche Linken-Politikerin Gabi Zimmer forderte in diesem Zusammenhang einen Untersuchungsausschuss. Es gehe dabei nicht um eine Kritik an Juncker als Person, sondern um ein System, das inzwischen seinen Namen trage, sagte die Fraktionsvorsitzende der Europäischen Linken. (APA, 24/25..11.2014)