So sollte der untertunnelte Schwedenplatz laut VP-Studie an seiner Oberfläche aussehen.

Foto: Bezirksvorstehung des 1. Bezirks der Stadt Wien

Wien – Im November 2013 gab Ursula Stenzel eine Machbarkeitsstudie zur Attraktivierung des Wiener Schwedenplatzes in Auftrag. Ein halbes Jahr musste sich die VP-Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt gedulden, dann lag das Ergebnis vor. Der Architekt Stephan Unger und der Zivilingenieur Ortfried Friedreich kamen zum Schluss, dass der bis zu fünfspurige Oberflächenverkehr am Rand des Platzes um rund 15 Millionen Euro in einen zweispurigen Citytunnel verfrachtet werden könnte. Samt Oberflächengestaltung sollten 43 Millionen Euro für den neuen Schwedenplatz ausreichen.

Weniger Territorium für den motorisierten Verkehr, der gleichzeitig aus dem Blickfeld der Wiener und ihrer Besucher weicht: Es klang wie der Prototyp eines Vorschlags der Grünen. Dennoch hielten sich Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou und ihre städtischen Grünen mit Enthusiasmus für das Projekt zurück. "Ich hege die Hoffnung, dass eine Untertunnelung doch technisch machbar und leistbar ist", ließ sich Vassilakou im September immerhin noch entlocken.

Untertunnelung "mit astronomischen Kosten verbunden"

Technisch machbar, das wäre das Bauvorhaben vielleicht noch, leistbar aber nicht, so lautet nun der offizielle grüne Standpunkt. Was hat sich getan? Die Verkehrsstadträtin ließ Stenzels Vorhaben prüfen, und ihr Fazit ist eindeutig: Die Untertunnelung wäre "mit astronomischen Kosten verbunden" und würde zu einem Verkehrskollaps führen.

Das prüfende Ziviltechnikbüro Arealconsult führte eine Vergleichszählung in einem anderen zweispurigen Wiener Tunnel durch. 1652 Fahrzeuge passierten in der Spitzenstunde den Tunnel, der am Wiedner Gürtel unter dem Matzleinsdorfer Platz hindurchführt. Diese Zahl vertrage die Unterführung noch ohne größere Staus.

Vom Franz-Josefs-Kai am Schwedenplatz weiß man aber, dass ihn über 3.000 Fahrzeuge pro Stunde befahren. Schon deshalb ergäbe sich eine Überlastung, und "weil sich unmittelbar nach der geplanten Untertunnelung des Schwedenplatzes eine Verkehrslichtsignalanlage befindet, ist mit einem Rückstau in den Tunnel zu rechnen", heißt es im dem Standard.at vorliegenden Gutachten. Die Variante sei "nicht leistungsfähig". Um an eine größere Fläche für die Neugestaltung von Schweden- und Morzinplatz zu gelangen, empfehlen die Ziviltechniker vielmehr, den Kai um ein Fahrspur zu vermindern.

Kosten vergessen oder zu niedrig angesetzt

Die Verkehrsbelastung ist aber nicht der einzige Grund, warum der Tunnel im Büro der Verkehrsstadträtin auf Ablehnung stößt. Laut einem Gutachten der städtischen Tiefbauabteilung gibt es unter dem Schwedenplatz mit einem Traforaum der Wiener Linien und einem Hauptabwasserkanal nämlich Hindernisse, die um viel Geld verlegt werden müssten. Auch die Tragwerke von vier Donaukanalbrücken müssten angehoben werden.

Zudem hätte die VP-Studie die Aufwendungen für den Straßenbau, die Oberflächengestaltung oder die Fahrtunterbrechung der U-Bahn für mehrere Tage zu niedrig oder gar nicht angesetzt. Das Projekt dürfte "mindestens doppelt so viel kosten" wie ausgewiesen, sagt Vassilakou.

"Fragwürdige Wahlkampftaktik"

Für Unger, der nicht nur Architekt und Studienautor, sondern auch stellvertretender Obmann der innerstädtischen VP ist, sind die Prüfergebnisse nicht nachvollziehbar. Der Abwasserkanal müsste bloß verstärkt werden, und die Verlegung eines Traforaums wäre nicht so teuer, dass sie dem Großprojekt als Ganzes im Weg stehen sollte. "Das riecht nach einer politischen Willensäußerung", sagt Unger.

Er gesteht zwar ein, dass die Kosten für den Tunnelbau "auf 20, vielleicht 22 Millionen Euro" steigen könnten. Dass Vassilakou deshalb aber das gesamte Vorhaben ad acta legen will, hält Unger für "eine fragwürdige Wahlkampftaktik".

Architekturbewerb gegen die Pattstellung

Jetzt heißt es nach jahrelanger Diskussion um den Schwedenplatz zurück an den Start. Die Situation für Fußgänger und Autofahrer dürfte noch länger unbefriedigend bleiben. Vassilakou kündigte einen "städtebaulichen Wettbewerb" zur Umgestaltung und Verkehrsberuhigung des derzeit eher unattraktiven Platzes an. "Es würde mich wundern, wenn kein Architekt eine Überplattung einreicht", sagt Vassilakou.

Bis Mitte 2015 soll der Bewerb europaweit ausgeschrieben werden und über 100 Entwürfe von Architekten bringen. Mit Stenzel hat Vassilakou darüber noch nicht geredet. Ein Ende dieser Pattstellung wünscht sich jedenfalls die SP-Chefin in der City, Daniela Ecker-Stepp. Sie fordert die Verlegung von Tankstelle und Busparkplatz, um Fußgängern "die Nutzfläche von drei Fußballfeldern" freizugeben. Diese Forderungen finden sich auch in einem Zehn-Punkte-Forderungspaket, das die FPÖ für die Neugestaltung des Schwedenplatzes entworfen hat. (Michael Matzenberger & David Krutzler, derStandard.at, 24.11.2014)