Tübingen - Die sogenannte Gravettien-Kultur hat sich im Jungpaläolithikum über weite Teile Europas erstreckt: Die Angehörigen dieser Kultur lebten von den britischen Inseln bis zur Ukraine als Jäger und Sammler.

Von neuen Erkenntnissen zu dieser wichtigsten Kultur ihrer Zeit berichtet die Universität Tübingen. 30.000 Jahre alte Knochenfunde, die von der Ausgrabungsstätte Předmostí I nahe Brünn in der Tschechischen Republik stammen, geben Einblick in das Leben der damaligen Menschen. Unter anderem wurden dort Skulpturen aus Mammutelfenbein und die Überreste von Behausungen gefunden, die aus den Knochen von mehr als tausend Mammuts gebaut worden sein müssen.

Die Untersuchung

Gemeinsam mit tschechischen und belgischen Kollegen ging ein Forscherteam unter der Leitung von Hervé Bocherens von der Uni Tübingen der Frage nach, wie die damaligen Menschen an das Elfenbein herankamen: Sammelten sie die Knochen und das Elfenbein von Kadavern, die in der weiten Steppe einfach auszumachen waren, oder handelte es sich um Jagd- beziehungsweise Schlachtreste? Außerdem interessierte die Forscher, ob sich die Menschen der Gravettien-Kultur auf der Jagd von Hunden begleiten ließen.

Dazu analysierten die Forscher die stabilen Kohlenstoff- und Stickstoffisotope in menschlichen und tierischen Knochen aus der Fundstelle - die Signatur der Isotope gibt Aufschluss auf die Ernährungsweise. "Die Menschen von Předmostí I aßen Mammutfleisch, und das in großen Mengen", berichtet Bocherens. Auch andere Fleischfresser wie Braunbären, Wölfe und Vielfraße hatten Zugang zu Mammutfleisch, was darauf hindeutet, dass viele frische Kadaver verfügbar waren - vermutlich wurden sie von den menschlichen Jägern zurückgelassen.

Hinweis auf Hundehaltung

Die Untersuchung wies auch darauf hin, dass die Menschen damals tatsächlich bereits Hunde hielten: Denn Knochen von Hunden oder Wölfen wurden ebenfalls gefunden. Anders als bei den oben genannten Raubtieren zeigte die Isotopen-Analyse von deren Knochen jedoch, dass sie nicht von den Mammuts gefressen, sondern sich hauptsächlich von Rentierfleisch ernährt hatten.

Die Schlussfolgerung: Wölfe bzw. Hunde waren nicht einfach wie andere Raubtiere nach den Menschen an den übriggelassenen Kadavern, sondern erhielten gezielt eine eigene "Diät". Denn Rentierfleisch zählte nicht zu den Hauptnahrungsmitteln der Menschen damals. "Ähnliches ist bei Traditionsvölkern nördlicher Regionen zu beobachten: Sie verfüttern das Fleisch an die Hunde, das sie selbst nicht so gern mögen", sagt Bocherens.

Die Ergebnisse deuteten laut den Forschern außerdem darauf hin, dass es sich um zahme Hunde handelte. Sie wurden vermutlich als Transporttiere eingesetzt. (red, derStandard.at, 24. 11. 2014)