Bregenz - Deserteursdenkmal oder Widerstandsmahnmal? In der Vorarlberger Landeshauptstadt wurde nach dreijähriger Debatte der künstlerische Wettbewerb für ein Widerstandsmahnmal/-denkmal ausgeschrieben. Die Grünen vermissen im Titel den Begriff Deserteur.
Bürgermeister Markus Linhart und die Volkspartei wollten mit der Nichterwähnung Deserteure unsichtbar machen, kritisiert Ekkehard Muther (Grüne). "Es ist ein politisches Armutszeugnis, wenn es 70 Jahre nach diesem himmelschreienden Unrecht immer noch schwerfällt, die richtigen Worte in den Mund zu nehmen", wirft Muther den Koalitionspartnern vor.
Nicht nur Deserteure
Er habe kein Problem mit dem Begriff Deserteur, kontert Bürgermeister Markus Linhart (VP). Deserteure würden in der Ausschreibung dezidiert erwähnt. Mit dem Denkmal wolle man all jener gedenken, die aktiv im Widerstand gegen das NS-Regime waren, "und das waren nicht nur Deserteure". Mit dem Begriff Widerstandsmahnmal folge man einer Empfehlung des Historikers Meinrad Pichler und der 2013 eingerichteten Arbeitsgruppe Widerstandsmahnmal/-denkmal, sagt Linhart.
Auch viele Zivilisten hätten den Nazis die Stirn geboten, sagt Pichler. Deshalb sei ein Denkmal, das nur die Deserteure berücksichtige, zu wenig. "Schließlich wurde der Widerstand gegen das NS-Regime in diesem Land noch nicht wirklich gewürdigt." Pichler will ein Denkmal für alle, die in dieser Region dem Unrechtsregime den Gehorsam verweigert haben: "Ich halte es für pädagogisch wichtig, zu vermitteln, dass Gehorsamsverweigerung positiv sein kann."
Konkretes Erinnern
Konsens der Arbeitsgruppe sei aber, dass Deserteure auf dem Denkmal erwähnt werden müssen, stellt Pichler klar. "Das Wort Deserteur muss vorkommen", ergänzt Werner Bundschuh, Mitglied der Arbeitsgruppe und Obmann des historischen Vereins Johann-August-Malin-Gesellschaft. Dafür habe er sich seit 2011 intensiv eingesetzt.
Was Bundschuh besonders wichtig ist: "Die Ausschreibung ist sehr offen gehalten, bei aller Gestaltungsfreiheit soll das Mahnmal aber sehr konkret sein. Eine virtuelle Sache soll das nicht werden." Womit Bundschuh auf Ideen aus dem Rathaus anspielt, das Erinnerungsprojekt könnte ja auch ein Symposium oder eine Website sein.
Die Ausschreibung des zweiphasigen Wettbewerbs lässt die Wahl der künstlerischen Medien und des Standorts offen. "Das Ergebnis muss nicht notwendigerweise ein klassisches Denkmal bzw. Mahnmal sein", heißt es in der Ausschreibung. Aber: "Die Absicht des Denkmals sollte sich freilich erschließen."
Bis 16. Jänner können Ideenskizzen abgegeben werden. Die Arbeitsgruppe wählt daraus fünf Projekte für die zweite Phase. Ende April wird eine Jury das Siegerprojekt küren, die städtischen Gremien werden über den Standort entscheiden. Im Sommer 2015 soll das Mahnmal enthüllt werden. (Jutta Berger, DER STANDARD, 25.11.2014)