Wien – Jeder will sich auf sie verlassen können, sie aber nie brauchen müssen: Die Rede ist von der Einlagensicherung, mit der Bankguthaben geschützt werden. Auch wenn die meisten Kunden es nicht merken werden, steht das Sicherungssystem in Österreich vor einer großen Umstellung. Das Finanzministerium arbeitet eine Gesetzesnovelle aus, die Insidern zufolge schon in wenigen Wochen vorgelegt werden soll.
Damit wird Österreich eine im Frühjahr verabschiedete EU-Richtlinie umsetzen. Sie soll dafür sorgen, dass die Regeln in ganz Europa vereinheitlicht werden. Auf Österreich kommen besonders viele Neuerungen zu. Betroffen sind der Staat ebenso wie Banken und Sparer.
Um die Bedeutung der Reformen zu verstehen, ist ein Blick auf das derzeitige System notwendig. Seit 2010 sind in Österreich Bankguthaben von Privatkunden und kleineren Firmen bis zu 100.000 Euro geschützt. Selbst wenn die Bank pleitegeht, hat der Kunde einen Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages binnen 30 Tagen.
Staat geht raus
Entgegen einem häufig verbreiteten Irrglauben ist die Einlagensicherung keine rein staatliche Angelegenheit. In Österreich sind die ersten 50.000 Euro von den Banken selbst geschützt - der Betrag zwischen 50.000 und 100.000 wird vom Finanzministerium garantiert. Diese Garantie wird künftig entfallen.
Der Wegfall des staatlichen Notnetzes ist politisch konsequent. Eines der wichtigsten Anliegen der Politik nach dem Ausbruch der Eurokrise war es, Staaten finanziell von den Banken zu entkoppeln. Steuerzahler sollten nicht mehr bei jeder drohenden Pleite eines Kreditinstitutes - Stichwort Hypo - mit Milliarden aushelfen müssen. Die Kehrseite: Am Höhepunkt der Krise in Europa 2008/2009 waren es gerade die Garantieerklärungen von Regierungen, die als effektive Beruhigungspille gewirkt haben.
Als Gegenleistung für den Wegfall des staatlichen Schutzes gibt es künftig eine Vorfinanzierung von privater Seite. Als eines der letzten EU-Länder hat Österreich noch ein Ex-post-System. Das heißt, Kreditinstitute müssen kein Geld für den Notfall zur Seite legen, sondern nur zusagen, welches bereitzustellen, wenn eine andere Bank pleitegeht.
Neues Netz
Das wird nun anders. Künftig müssen Banken in Sicherungsfonds Geld ansparen. Diese Mittel sollen im Notfall sofort bereitstehen und das System sicherer machen, so die EU-Kommission. Damit kommt aber auf die Kreditinstitute eine Zusatzbelastung zu. Binnen zehn Jahren müssen 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen in der Notreserve zusammenkommen. Das wären in Österreich bei derzeit 180 Milliarden Euro an gedeckten Einlagen rund 1,44 Milliarden Euro.
In Österreich wird es nicht einen, sondern fünf Nottöpfe geben. Denn die heimischen Sektoren (Sparkassen, Raiffeisen, Volksbanken, Banken und Landeshypothekenbanken) verfügen über eigene Sicherungssysteme. Daran wird sich nichts ändern.
Heikel wird es für die Banken, weil deutlich mehr Guthaben als bisher geschützt werden. Klar ist, dass künftig auch Konten in Fremdwährungen und Sparguthaben von großen Firmen gesichert sein müssen. Nach Schätzung von Experten wird sich dadurch die Summe der gedeckten Einlagen um zehn bis 15 Prozent - auf mehr als 220 Milliarden Euro – erhöhen.
Das ist nicht alles. Gutschriften aus speziellen Transaktionen können künftig für ein Jahr sogar jenseits von 100.000 Euro gesichert werden. Möglich ist dies bei einem Immobilienkauf, einer Versicherungsleistung, einer Scheidung oder einer Abfindung. Noch ist unklar, wie weit Österreich gehen wird – die Gespräche zwischen Banken und Finanzministerium stehen erst bevor.
Hohe Vorgaben
Aber die Vorgaben aus Deutschland sind hoch. Dort ist geplant, Guthaben aus Immobiliendeals mit bis zu einer halben Million Euro abzusichern. Was für die Kunden gut ist, wird für Banken teurer, denn für jeden zusätzlich gedeckten Euro muss eine Sicherungsprämie bezahlt werden.
Für Banker ist noch ein Punkt heikel. Künftig soll jeder Kunde sein Guthaben bei einer Bankenpleite binnen sieben Tagen ausbezahlt bekommen. Das ist für Finanzindustrie ein logistischer Albtraum.
Tausende Österreicher nutzen Gemeinschaftskonten, bei denen nicht geklärt ist, wem was gehört. "Hier braucht es klare Vorgaben vom Gesetzgeber", sagt Harald Podoschek, Geschäftsführer der Einlagensicherung der Banken und Bankiers. So sollen Kunden verpflichtet werden, der Bank ihre Eigentumsverhältnisse anzugeben, ansonsten solle 50:50 ausbezahlt werden. Anonyme Sparbücher sind künftig übrigens nicht mehr von der Einlagensicherung erfasst. (András Szigetvari, DER STANDARD, 25.11.2014)