Paris - Der Euroraum droht nach Einschätzung der OECD in eine langanhaltende Phase schwachen Wachstums und niedriger Inflation zu fallen. "Die Eurozone als Ganzes, und insbesondere die schwächsten Länder, scheint am ehesten von Tendenzen einer dauerhaften Stagnation betroffen zu sein", so in dem am Dienstag veröffentlichten Wirtschaftsausblick der OECD.

Die USA und Großbritannien, deren Volkswirtschaften seit längerem robust wachsen, seien davon weniger betroffen. Japan dagegen, das als Paradebeispiel eines Landes mit dauerhaft schwachem Wachstum gilt, sei bereits vor zwei Jahrzehnten in eine Stagnationsphase gefallen.

Von einer Stagnationsfalle sprechen Ökonomen, wenn selbst eine außergewöhnlich lockere Geldpolitik mit Nullzinsen das Wachstum nicht anschieben kann. Prominente Vertreter einer sogenannten "säkularen Stagnation" ist der amerikanische Ökonom und ehemalige US-Finanzminister Larry Summers. Demnach liegt der Realzins (Nominalzins abzüglich Inflation) trotz nominaler Nullzinsen zu hoch, um Investitionen oder den privaten Konsum hinreichend anzuregen. Als ein entscheidender Grund dafür gilt eine zu schwache Inflation oder Deflation. Denn bei fallendem Preisniveau steigt der Realzins.

Stimulierung

Als Gegenmittel empfiehlt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) staatliche Eingriffe: "Eine dauerhafte Stagnation - oder das Risiko, in diese Falle zu gehen - sollte mit einem umfassenden Stimulierungspaket angegangen werden." Die Geldpolitik müsse zusätzlich gelockert werden, wegen der bereits auf Null gefallenen Leitzinsen allerdings auf unkonventionelle Art und Weise. Hierzu zählen massive Käufe privater und öffentlicher Anleihen (quantitative Lockerung). Zudem müsse der Staat seine Ausgaben erhöhen und wirtschaftliche Strukturreformen einleiten.

Allerdings warnt die OECD auch vor den Folgen einer solchen Politik: So könne eine lockere Geldpolitik Investoren dazu verleiten, überhöhte Risiken einzugehen, was letztlich die Finanzstabilität gefährden und zu "kostspieligen Rezessionen" führen könnte. Aufsichtsrechtliche Regelungen könnten derartigen Risiken allenfalls begrenzt entgegenwirken. Zudem erhöhten zusätzliche Staatsausgaben nicht nur die öffentliche Verschuldung. Auch könnten private Investitionen verdrängt werden.

Erholung

Für Österreich rechnet die OECD mit einer Erholung der Wirtschaft in den nächsten beiden Jahren. Konkret wird für 2014 ein BIP-Wachstum von 0,5 Prozent erwartet, 2015 soll dieses dann auf 0,9 und 2016 auf 1,6 Prozent steigen. Die Arbeitslosenrate werde nach 5,0 Prozent 2014 auf 5,2 Prozent 2015 klettern, für 2016 ist ein leichter Rückgang auf 5,1 Prozent prognostiziert.

Noch im Mai hatte die OECD für Österreich für 2014 ein Wachstum von 1,5 Prozent prognostiziert, nun wird nur mehr mit einem Drittel davon gerechnet. Eine Steuersenkung insbesondere für Geringqualifizierte und eine Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters würden die Erwerbsbeteiligung anheben und das Wachstum ankurbeln, heißt es im heute Dienstag präsentierten Wirtschaftsbericht. (APA, 25.11.2014)