Es geht recht nobel her im neuen Mittelmeer-Restaurant in der Ottakringer Cottage.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Saftig gegrillte Wildfanggarnelen mit Rucola als Beilage.

Foto: Gerhard Wasserbauer

An sich geht es in der Ottakringer Cottage am Fuß des Wilhelminenbergs ähnlich beschaulich zu wie in anderen Speckgürtellagen Wiens: Bis auf den einen oder anderen Heurigen werden hier die Trottoirs raufgeklappt, sobald die Dunkelheit hereinbricht. Den Rest der Zeit sorgen feinbieder geraffte Vorhänge dafür, dass ja nicht zu viel von der bösen Welt da draußen hereinscheint oder gar neugierige Blicke auf die Früchte des hart erarbeiteten Erbes geworfen werden. Insofern ist bemerkenswert, dass in der Roterdstraße diesen Herbst ein regelrechter Palast von einem Restaurant aufgesperrt hat, mit Tiefgarage (nicht für Gäste), mit Festbeleuchtung, Olivenbaumterrasse und anderen Paraphernalien südmitteleuropäischer Nobelgastronomie.

Sehnsucht nach Süden

Tatsächlich lässt das Terra Rossa mit kunstvoll verwitterten Kunststeinböden, riesigen Fenstern, mit Eiche verkleideten Säulen und zum nächsten Geschoß hin offenem Gastraum keine Fragen offen, was die Inspiration gewesen sein könnte. Massiv in die Landschaft gestellte Edelrestaurants wie dieses findet man im Friaul, vor allem aber in Istrien seit Jahren. In diesem Fall hat Sissi Huber, die zwei Häuser weiter einen Heurigen betreibt und aus der gleichnamigen Winzer- und Gastronomen-Dynastie (Fuhrgassl-Huber, Hauermandl ...) stammt, ihrer Sehnsucht nach dem Süden in dieser Form nachgegeben.

Der Start im September verlief einigermaßen stotternd, mittlerweile aber hat sich das Team ganz gut eingespielt. Vor allem aber brachte ein neuer Koch dringend benötigte Stilsicherheit ein. Längst gibt es keine Tellermalereien nach Art des Jahrhunderwende-Balsamismus mehr, auch kunstfertig in Angriffshaltung arrangierte Scampi müssen nicht länger gefürchtet werden.

Mit Nico Guerlach, der die Bar Italia (schnief!) auf der Mariahilfer Straße über Jahre mit zuverlässig charmanter Südküche bekocht hatte und zuletzt im Stomach - mit dem zauberhaften Garten in Wien-Alsergrund - zugange war, scheint dem Terra Rossa ein Glücksgriff gelungen zu sein.

Sensible Rabiatküche

Cremige Polenta mit geschmolzenem Taleggio und Trüffelsalami zum Auftakt ist genau jene Art von sensibel zusammengestellter Rabiatküche, für die man Oberitalien und Umgebung lieben muss: Die Kombination aus zweierlei cremig-seidigen Konsistenzen ist gut ausbalanciert, die zurückhaltende Salzigkeit der Polenta wird durch gegrillte Paprika und die zupackende Kraft der Hartwurst akzentuiert. Gnocchi mit Nussbutter und Salbei mögen nicht nach allzu viel klingen, wenn dann aber derart akkurate Flaumkissen serviert werden, wie sie Guerlach vom Nudelbrett schneidet, dann ist man ganz beseelt von der puristischen Pracht am Teller.

Auch Ossobuco wird mit Wurzelgemüse und Paradeisern tadellos geschmort, die dazu servierten Tagliatelle werden von cisalpinen Phäaken offenbar auch nach den Primi eingefordert. Die saftig gegrillten Wildfanggarnelen kommen dafür samt Kopf, aber mit nichts als Rucola an der Seite, na also, geht doch! Nachhilfe würde Winzerstochter Sissi Huber aber bei der Weinkarte benötigen - ein derart gut aufgestelltes Restaurant mit einer so ambitionslos vorgestrigen Auswahl auszustatten, wirkt gerade in diesem Fall mehr als seltsam. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 28.11.2014)