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Der iranische Präsident Hassan Rohani im Interview am Montagabend: Die Verlängerung ist ein Erfolg.

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Wien - Ob es nun wirklich substanzielle "neue Ideen" gibt, die in der kurzen Zeit bis zur selbstgesetzten Deadline der Atomgespräche am Montag unmöglich zu prüfen waren, war am Dienstag Gegenstand von Spekulationen. Je nach Lager oder auch Gemütszustand ist die Verlängerung der Verhandlungen ein Scheitern, ein Stillstand oder ein weiterer Schritt zu einer nachhaltigen Lösung im Atomstreit mit dem Iran.

Für die westlichen Verhandler ist es von überragendem Interesse, dass das iranische Atomprogramm weiter eingehegt bleibt: Die Beschränkungen des Urananreicherungsprogramms und beim Schwerwasserreaktor Arak bleiben allesamt in Kraft. Der Iran erhält monatlich 700 Millionen US-Dollar aus seinem eingefrorenen Vermögen. Dass Präsident Hassan Rohani, der am Montagabend seinen "Erfolg" in einem Interview verkaufte, das von den Hardlinern als "Nichts" - denn das Sanktionsregime bleibt ja aufrecht - vorgeworfen wird, konnte nicht ausbleiben. Aber der religiöse Führer Ali Khamenei eilte Rohani insofern zur Hilfe, als er den Ausgang positiv als Scheitern der "arroganten Mächte" bezeichnete, den Iran in die Knie zu zwingen. Die iranischen Verhandler können demnach weitermachen.

Nichtdeal besser als Deal

Zufriedenheit herrscht in der israelischen Regierung. Nicht einverstanden ist man dort wohl mit der Bemerkung von US-Außenminister John Kerry in der Pressekonferenz in Wien am Montagabend: Kerry sagte, man sei einem Deal, der "unsere Partner wie Israel und die Golfstaaten sicherer" machen werde, ein Stück näher. Für Premier Benjamin Netanjahu ist der Nichtdeal von Montag viel besser als ein Deal - außer es gäbe einen, der den Iran "seiner Fähigkeit Atombomben zu bauen" komplett berauben würde, sagte Netanjahu der BBC.

Glaubt man einem Bericht der New York Times, so sind am Montag die Zugeständnisse, die sich die USA noch vom Iran erwarteten, völlig ausgeblieben. Das gilt auch umgekehrt. Aber ein Abbruch wurde vermieden, weil Kerry und sein iranischer Amtskollege Mohammed Javad Zarif weiter an die Möglichkeit eines Abkommens glauben. Die nüchterne Analyse der meisten Experten ist jedoch, dass, wenn sich weiter keine der beiden Seiten bewegt - und es ist nicht abzusehen, warum das wahrscheinlicher geworden sein sollte -, ein Abschluss nicht wahrscheinlicher wird.

Morgenluft für die Hardliner

In Teheran wittern die Hardliner Morgenluft, die eine Verständigung mit dem Westen als prinzipiellen Verrat an der Revolution ablehnen. Und in Washington wird US-Präsident Barack Obama eher darum kämpfen müssen, dass der neue Kongress, der ab Jänner in der Hand der Republikaner ist, nicht mit neuen Sanktionen gegen den Iran auffährt.

Die neue Frist läuft jedenfalls bis Ende Juni 2015, wobei bis Ende Februar, also innerhalb von drei Monaten, ein politisches Rahmenabkommen abgeschlossen werden soll. Weiter verhandelt wird noch im Dezember. Man kann annehmen, dass es immer noch um die Zahl der Gaszentrifugen zur Urananreicherung geht, die der Iran behalten dürfte - mit eingeschlossen die Frage, um welche Zentrifugen es sich handelt, ältere leistungsschwächere oder neue stärkere -, wie viel angereichertes Material im Iran bleibt (oder eventuell in Russland weiterverarbeitet wird), welche anderen nukleare Aktivitäten der Iran betreiben darf - und nicht zuletzt, wie lange diese Beschränkungen gelten werden.

Auf der anderen Seite steht der große Komplex der Iran-Sanktionen, es ist undenkbar, dass die iranische Führung einer Lösung zustimmt, die ihr nicht erlaubt, zumindest mittelfristig die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen zu verkünden. Die westlichen Verhandler wollen aber zuerst sehen, ob ein Deal funktioniert. (DER STANDARD, 26.11.2014)