Wien - Der Prozess gegen den ehemaligen BZÖ-Obmann Peter Westenthaler, dem Untreue und schwerer Betrug vorgeworfen wird, wird erst im kommenden Jahr zu Ende gehen. Das wurde zu Beginn des heutigen Verhandlungstags im Wiener Straflandesgericht festgelegt.

Wie Richter Wolfgang Etl bekannt gab, wird nach dem 4. Dezember - an diesem Tag soll unter anderem Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Zeuge aussagen - die Verhandlung erst am 13. Jänner fortgesetzt. Der Vorsitzende des Schöffensenats ließ durchblicken, dass er das Verfahren dann jedenfalls finalisieren möchte. Es werde "open end verhandelt, bis wir fertig sind", sagte Etl.

Nachdem nach einigem Bemühen die Skype-Verbindung mit der österreichischen Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hergestellt war, konnte mit der Videokonferenz mit Kurt Lukasek, jahrelanger enger Mitarbeiter Westenthalers, begonnen werden.

Der 52-Jährige ist mittlerweile als Unternehmer tätig. Er betreibe "Flugzeughandel in den Vereinigten Arabischen Emiraten", erwiderte der frühere Westenthaler-Intimus auf eine entsprechende Frage des Richters.

Missbräuchliche Verwendung der Fördermillionen

Zunächst ging es um die angeblich missbräuchliche Verwendung einer Förder-Million, die Westenthaler in seiner Funktion als Vorstand der Österreichischen Bundesliga gemeinsam mit dem mitangeklagten Co-Vorstand Thomas Kornhoff zur Tilgung einer Finanzschuld verwendet haben soll. Gewidmet war die am 3. Dezember 2003 vom Nationalrat genehmigte Subvention zur Förderung des Fußball-Nachwuchses.

Lukasek war im gegenständlichen Zeitraum im Marketing der Bundesliga tätig. Wie er sich erinnerte, war damals eine Drittschuldnerklage der Finanzprokuratur gegen die Bundesliga großes Thema. Die Liga hatte TV-Gelder an den FC Tirol ausgeschüttet, der allerdings bereits insolvent war. Die Finanz versuchte in Folge dessen, im Klagsweg von der Bundesliga über 1,6 Millionen Euro zurückzubekommen.

"Jeder Euro war für Bundesliga lebenswichtig"

"Zielsetzung des Bundesliga-Aufsichtsrats war eine vergleichsweise Regelung mit der Republik", stellte Lukasek fest. Er sei in die Verhandlungen nicht eingebunden gewesen, da er mit den Finanzen "überhaupt nicht beschäftigt" gewesen sei. Die Drittschuldnerklage sei jedenfalls eine "Bedrohung" gewesen: "Jeder Euro, der Rechtssicherheit bieten kann, war für die Vereine der Bundesliga lebenswichtig". Etliche Vereine der Bundesliga hätten sich in einem wirtschaftlich bedenklichen Zustand befunden, gab Lukasek zu bedenken. Man habe sich daher um eine außergerichtliche Lösung bemüht.

Nachdem der Nationalrat mittels einer Novelle zum Bundesfinanzgesetz (BFG) die Million zur Verfügung gestellt hatte, war Lukasek mit der "Abwicklung" der Förderung baut. Am 15. Dezember 2003 wandte er sich per Mail mit einem "Vorschlag über die Umsetzung des Förderungsbeschlusses" an Matthias Winkler, Kabinettschef des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Dabei zeigte sich Lukasek zuversichtlich, dass dieser Vorschlag - wörtlich - "auch mit dem Purzelbaum-Professor aus Oberwart möglich sein sollte".

Vergleich "nicht klar gewesen"

"Wer ist denn damit gemeint?", wollte Richter Wolfgang Etl nun von Lukasek wissen. Die Formulierung, die sich auf den damaligen Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer bezog, habe er von Hannes Kartnig - seinerzeit Präsident des SK Sturm Graz - übernommen, entgegnete Lukasek. Kartnig habe Schweitzer - im Zivilberuf Lehrer für Geografie und Leibesübungen an der Bundeshandelsakademie in Oberwart - öffentlich so genannt. Es habe sich um eine "saloppe Bezeichnung" gehandelt, derer er sich "in freundschaftlichem Umgang mit Kollegen" bedient habe, so Lukasek. Es sei "nicht absehbar" gewesen, "dass das elf Jahre später Gegenstand einer Gerichtsverhandlung wird".

Zum Inhaltlichen bemerkte Lukasek, ihm sei "nicht klar gewesen", dass der Vergleich mit der Finanzprokuratur mithilfe der Subvention des Nationalrats finanziert wurde. Er wisse nicht, "wann die Förder-Million da war".

Wesentliche Rolle im zweiten Anklage-Komplex

Eine wesentliche Rolle spielte Kurt Lukasek auch im zweiten Anklage-Komplex, der Zahlung von 300.000 Euro der Österreichischen Lotterien ans BZÖ. Diesbezüglich wird Peter Westenthaler Untreue als Beteiligter vorgeworfen. Laut Anklage soll es sich bei dem Geldfluss um eine "Schmiergeldzahlung" gehandelt haben, mit der sich die Lotterien das Wohlwollen des BZÖ sichern wollten.

Hintergrund: Im Nationalrat war im Juli 2006 eine geplante Änderung des Glücksspielgesetzes Thema. Die Österreichischen Lotterien - eine Tochter der Casinos Austria AG - mussten das Fallen des Glücksspielmonopols befürchten.

Formal wurden die 300.000 Euro der BZÖ-eigenen Werbe-Agentur Orange für ein Gutachten zum Thema "Online-Glücksspiel und Responsible Gaming - Analyse, Vergleich, Perspektiven" überwiesen. Das Dokument hatte Lukasek auf Ersuchen des damaligen BZÖ-Obmanns Peter Westenthaler erstellt, der ihn Ende Juli vor einem Wochenende gebeten hatte, dazu acht bis zehn Seiten zu verfassen, wie der Zeuge nun bestätigte. Es habe sich um einen "mündlichen Auftrag" gehandelt, den er nicht weiter hinterfragt habe: "Er muss es als Parteiobmann nicht begründen." Ihm habe Westenthaler gesagt, er benötige das Papier "für die Casinos", so Lukasek. Außergewöhnlich sei das für ihn nicht gewesen: "Wenn Sie im Wahlkampf Aufträge bekommen, sind die kurzfristig."

Mit Responsible Gaming "wenig vertraut"

Auf den Auftrag hin habe er "einmal geschaut, was Responsible Gaming ist", gab Lukasek zu Protokoll. Mit der Materie Online-Glücksspiel sei er zuvor "ab und an zwangsläufig" befasst gewesen, während er mit Responsible Gaming wenig vertraut war. Lukasek soll seine Studie unter Zuhilfenahme diverser Suchmaschinen aus dem Internet "zusammengeschustert" und am auf das Wochenende folgenden Montag abgegeben haben. Laut einem von der Justiz eingeholten Sachverständigengutachten war das Papier maximal 15.000 Euro wert.

"Was für einen Sinn soll das haben? Glauben Sie nicht, dass die (gemeint: die Lotterien, Anm.) sich ohnehin seit Jahrzehnten mit verantwortlichem Spielen befasst haben?", hinterfragte Richter Wolfgang Etl bei Lukasek dessen Werk. Nach kurzem Zögern replizierte der Zeuge folgendermaßen: "Wollen Sie eine ehrliche Antwort? Das ist wie verantwortliches Rauchen oder verantwortliches Drogennehmen." Das von ihm erstellte Dokument sei "ein Standpunkt" gewesen. Auf die Frage, ob Westenthaler damit zufrieden gewesen sei, meinte Lukasek: "Wenn's nicht gepasst hätte, hätte man noch einmal darüber gesprochen."

Grundsätzlich räumte der 52-Jährige ein, dass es dem BZÖ in finanzieller Hinsicht im Sommer 2006 nicht besonders gut gegangen sei: "Überflusswirtschaft war's keine." Nach den Nationalratswahlen im Oktober desselben Jahres - den Orangen gelang der Wiedereinzug ins Parlament - habe er noch am Wahlabend "meine sieben Zwetschken zusammengepackt" und seine Arbeit für das BZÖ bzw. Westenthaler beendet, erklärte Lukasek am Ende seiner Befragung (APA, 26.11.2014)