Durch schadhafte Rohrleitungen der Firma Kwizda Agro drang jahrelang Herbizid ins Grundwasser. Nun folgt die gerichtliche Aufarbeitung.

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Korneuburg - Es war Freitag, der 13., und es war im August 2010. An einem Rohr im Werk der Kwizda-Agro GmbH in Leobendorf entdeckte ein Mitarbeiter ein Leck. Die Firma stellt Pflanzenschutzmittel her, durch ihre Leitungen fließen teils herbizidhaltige Flüssigkeiten. Was seit jenem Sommertag und davor geschehen ist, aber auch was von den Verantwortlichen lange nicht getan wurde, ist am Mittwoch Thema am Landesgericht Korneuburg.

Richter Rainer Klebermaß lädt die sechs Angeklagten in der Früh des ersten Verhandlungstags in der Causa um großräumige Grundwasserverschmutzungen dazu ein, "die Karten offen auf den Tisch zu legen". Er fragt auch, was sie aus heutiger Sicht anders gemacht hätten. Der leitende Angestellte L. sagt, er hätte sofort bei Übernahme seiner leitenden Funktion an Abwasserbecken und Rohren "eine Dichtheitsprobe veranlassen sollen", bei der ersten Feststellung des ersten Schadens "sofort" einen sachkundigen Gutachter beauftragen und die Bezirkshauptmannschaft "sofort" über Schäden informieren sollen.

Die BH wurde zwar im August 2010 wegen eines Lecks benachrichtigt, dann aber zwei Jahre lang über weitere undichte Stellen nicht informiert. Dabei wusste man vom weitflächigen Vorkommen eines Insektizids im Grundwasser. Dann wies Global 2000 im September 2012 das Herbizid Clopyralid im Grundwasser nach. "Das war der Super-GAU", erinnert sich Angeklagter S. "Was?", fragt Richter Klebermaß. "Dass darüber berichtet wurde? Oder dass Clopyralid gefunden wurde?" S.: "Da wussten wir: Das ist von uns."

Fünf Jahre Haft drohen

Den (inzwischen teils ehemaligen) leitenden Angestellten wird fahrlässige (und teils vorsätzliche) Beeinträchtigung der Umwelt vorgeworfen. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft. Der Vorsatz wird von allen bestritten, zwei der Männer im Alter zwischen 37 und 62 Jahren, bekennen sich nicht schuldig, die anderen teilschuldig.

Mindestens von 2005 bis 2012 sei aus dem Kwizda-Werk Abwasser ausgetreten, sagt Staatsanwältin Birgit Sporn. Die zulässigen Grenzwerte für Trinkwasser wurden im Grundwasser laut Gutachten überschritten, es entstand aber kein Schaden für Menschen, womöglich aber für Bienen. Vor Beginn von Sanierungen seien nur zwölf Prozent des Kanalsystems intakt gewesen. Die Rohrleitungen selbst stammten teils aus den frühen 80er-Jahren. Keiner der Befragten kann sich daran erinnern, dass sie je überprüft wurden.

Rechtsanwältin Julia Mair, die fünf der sechs Angeklagten und die Firma Kwizda Agro - der eine Verbandsbuße droht - vertritt, sagt: "Heute wird ein Unternehmen Verantwortung übernehmen." Die Firma habe ja bereits 11,3 Millionen Euro in Wiedergutmachung und Sanierung gesteckt. Inzwischen seien wieder 90 Prozent des betroffenen Grundwassers gereinigt.

Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt. Einer der Angeklagten (mittlerweile nicht mehr bei der Firma) muss Donnerstag nicht mehr kommen. Gegen eine Geldbuße von 2000 Euro im Sinne einer diversionellen Einigung wurde sein Verfahren eingestellt. (Gudrun Springer, derStandard.at, 26.11.2014)