Auch wenn der Papst nach Selbsteinschätzung schon wie ein Kommunist spricht, kann die SPÖ nicht hoffen, von einem höheren Wesen gerettet zu werden. Das ist die schlechte Nachricht zu ihrem Parteitag. Eine bessere zeichnete sich in den Wochen vor dessen Eröffnung nicht ab. Die zentrale Erwartung, die 99 Prozent angstgetriebener Zustimmung zum neuen ÖVP-Erlöser würden auch Werner Faymann ins Elysium der Neunzigprozenter katapultieren, geht an den zentralen Problemen der SPÖ weit vorbei. Auch 105 Prozent würden aus ihm keinen anderen Menschen machen, und täten sie es, wäre es immer noch dieselbe Partei.

Eine Partei, die nicht erst unter Faymanns Obmannschaft eine halbe Million Mitglieder und die Hälfte ihrer Wähler eingebüßt hat. Eine Partei, in der sich viele - zu Recht - über geistige Verengung beklagen, aber kaum jemand ernsthaft etwas einwendet, wenn die paradoxe Intervention dagegen in der Auslieferung an den Boulevard besteht. Zu dumm, wenn die Massen, die man auf diesem Wege zu erreichen hofft, weil man sie aus eigener Kraft kaum noch erreicht, lieber von dem populistischen Angebot Gebrauch machen, das dort - erst kommt immer das Geschäft - vor allem transportiert wird.

Noch immer stärkste Partei zu sein, daran konnte sich die SPÖ bisher emporranken, wenn auch mit nachlassender Überzeugung. Ohne Umfragen zu überschätzen, insbesondere solche unmittelbar nach einem schwarzen Erneuerungsversuch, könnte sich dieser schwache Trost in der nächsten Zeit verflüchtigen. Kaufen konnte man sich schon bisher nichts dafür. Wenn das vorläufig letzte Aufgebot der ÖVP in Form der Doublette Mitterlehner/Schelling von sich aus die Koalition zur Disposition stellt, wie bei der Steuerreform geschehen, besteht zwar kein Grund zur Panik, aber es kündigt sich an, dass die Zeit der Beschwichtigungen und Vertröstungen abläuft, will Faymann in seiner Partei, will die SPÖ in der Bevölkerung noch ernst genommen werden. Allein die Stimmlage zu erhöhen wird nicht reichen, die SPÖ müsste endlich das lange Versprochene liefern, was umso eher gelingen sollte, als ihre steuerlichen Vorschläge ohnehin hinter dem zurückbleiben, was es in anderen Ländern gibt. Regieren ja, aber zu Tode koaliert ist auch gestorben.

Vier Landtagswahlen sind nächstes Jahr fällig, 2016 folgt die Bundespräsidentenwahl. Die Aufstellung dafür hat begonnen, und die jeweiligen Ausgänge sind höchst ungewiss. In dieser Situation müsste an diesem Wochenende eigentlich ein Ruck durch die SPÖ gehen, der dem Publikum mehr vor Augen führt als übliche Parteitagsroutine, wie sie sich in der Erledigung etlicher Anträge und in der gnadenreichen Bestätigung des Parteichefs erschöpft. Ein Zeichen, das über die Erinnerung an lange Gefordertes und nicht Erfülltes hinausgeht.

Die Erwartungen sind nicht hoch. Darunter liegt nur noch der Versuch, einen Ausweg aus der koalitionären Misere im Anschmeißen an die Freiheitlichen - eh nur reden und nur in den Bundesländern! - zu suchen. Nach allen, auch jüngsten Erfahrungen kann das mehr die eigene Klientel als den Koalitionspartner erschrecken. (Günter Ttraxler, DER STANDARD, 28.11.2014)