Wien – Gleich beim Eingang der Wiener Messe Halle D in der Krieau hatte sich der Verband der roten Studenten mit einer meterlangen To-do-Liste für SPÖ-Chef Werner Faymann postiert. "Statut einhalten", stand da drauf. "Frauenquote", "Mietrechtsreform", "Vermögenssteuern" und, und, und. Nur ein einziger Punkt war abgehakt: "Kanzler stellen". VSStÖ-Vorsitzende Rasha abd el Mawgoud erklärte dem STANDARD: "Wir werden den Werner streichen, weil wir das Gefühl haben, dass es in den letzten Jahren zu einem Stillstand gekommen ist – in der Hochschulpolitik, in der Frauenpolitik, in der Sozialpolitik."

"Den Werner streichen" heißt, dem SPÖ-Chef bei seiner Wiederwahl die Gefolgschaft zu verweigern. Vier Delegierte stellte der VSStÖ beim Parteitag am Freitag. Die Parteijugend, die Jusos, wollten ebenfalls nicht für Faymann votieren, unter anderem weil er seit 2010 Vermögensabgaben verspricht, jedoch nicht durchsetzt. Schon beim Parteikonvent vor zwei Jahren wurde Faymann von seiner Partei mit einem Votum von 83,4 Prozent abgestraft.

Als Vorredner von Faymann machte Wiens Bürgermeister Michael Häupl klar, wo der Weg inhaltlich hingeht: Die SPÖ werde dafür sorgen, dass "in der Steuerpolitik Gerechtigkeit einkehrt". Häupl gab das Versprechen ab, "dass wir uns bis zum Letzten dafür einsetzen werden, dass Österreich gerechter wird".

Faymann selbst startete mit einem fast flehentlichen Appell: "An unserer Geschlossenheit werden wir keinen Zweifel lassen!" In einem historischen Rückblick geißelte der SPÖ-Chef dann den Neoliberalismus und fand nach komplizierten Ausführungen schließlich zu einer einfachen Aussage: "Die Menschen sind mehr wert als die Banken und Finanzdienstleister, die wir gerettet haben." Die Sozialdemokratie müsse alles daran setzen, die konservative Mehrheit in Europa zu brechen, um eine gerechtere Politik durchzusetzen. "Steuerdumping und Lohndumping, das muss verhindert werden, das ist eine zentrale Aufgabe auch für unser Land."

Auch alte Schreckgespenster wurden vom Kanzler drohend an die Wand gemalt: "Stellt euch vor, aber nur für eine Sekunde, damit euch nicht schlecht wird", richtete Faymann sein Wort an die mehr als 500 Delegierten, "Schwarz-Blau hätte eine Mehrheit und jetzt, in der Krise, das Sagen. Das haben wir verhindert, und das werden wir verhindern!" Dafür gab es verlässlich Applaus im Saal.

Und Faymann wandte sich auch seinem aktuellen Koalitionpartner zu. Die ÖVP unter Reinhold Mitterlehner sei keine andere geworden, warnte er, daher könne er nicht versprechen, was er alles durchsetzen werde. Klar sei aber: "Die Millionäre müssen einen Beitrag leisten!" Die Menschen wollten diese Gerechtigkeit, "diese Menschen dürfen wir nicht enttäuschen, wir verhandeln hart, wir verhandeln gemeinsam und wir wissen ganz genau, was das Ziel ist". Wer es jetzt nicht verstanden hatte: "Vermögensgerechtigkeit ist unser Ziel."

Faymann endete wieder bei der Geschlossenheit. "Verlassen können wir uns auf uns selbst." Die Stärke liege in der Gemeinsamkeit, in der Partei. Faymann wandte sich noch einmal direkt an die Delegierten: "Ich weiß, ich kann mich auf euch verlassen. Und ihr wisst, dass ihr euch auf mich verlassen könnt." (Michael Völker, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 28.11.2014)