Dass die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm Top-Politiker aus aller Welt nach Wien bringen, sei ein Imagegewinn für Österreich, so das Außenministerium nach der neuesten Gesprächsrunde in Wien stolz. Da wussten heimische Behörden bereits, dass ein Trojaner die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) infiltriert und interne Dokumente gestohlen hatte.

Beide Vorgänge zeigen, dass in Wien als Sitz internationaler Organisationen tatsächlich ab und zu Weltpolitik betrieben wird. Sie zeigen aber auch eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität: Wenn Österreich als neutraler Vermittler ernst genommen werden will, dürfen Regierung und Behörden auch vor den Aktionen von der NSA und ihren britischen Kollegen nicht die Augen verschließen. Im Gegenteil: Nötig ist ein engagiertes Auftreten gegen deren Praktiken. Denn selbst wenn sich der "Cyberspace" nicht an nationale Grenzen hält, befinden sich Uno und Konsorten auf österreichischem Gebiet.

Nähme Österreich seine Rolle als Gastgeber ernst, müsste das Land jeden Angriff auf diese Institutionen als Angriff auf sich selbst werten. Tatsächlich ist wahrscheinlich, dass als "Beifang" auch Daten von österreichischen Bürgern abgesaugt werden. Doch die Neutralität wird hierzulande so interpretiert, dass ein NSA-Untersuchungsausschuss gar nicht erst probiert und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ohne Resultate abgebrochen werden. (Fabian Schmid, DER STANDARD, 29.11.2014)