Das Gesetz der Mutigen: "Wer wagt, riskiert, und wer siegt, gewinnt" gilt in ganz besonderem Maße für Designer von emotionalen Preziosen. Also auch für Motorräder. Alle suchen nach dem unerwarteten Top-Seller wie dem SUV bei den Autos. Niemand mit ein wenig rationalem Weitblick hätte gewettet, dass Städter am liebsten mit überdimensionalen und schweren frontgetriebenen Geländewagen nach viel zu wenigen und zu kleinen Parkplätzen suchen. Dabei hätte die SMS schon ein Fingerzeig sein können: Warum kurz telefonieren, wenn man sich die gleiche Nachricht auch kompliziert in ein kleines Kastl tippen kann?

Doch ganz so einfach, wie man jetzt meinen könnte, ist das mit dem Wagemut auch nicht. Nicht alles, was hässlich oder kompliziert ist, wird gleich zum Trend. Das zeigen die folgenden zehn Motorräder und Mopeds, die mit Verachtung gestraft wurden oder werden.

Eines der wohl am meisten gehassten Zweiräder ist der BMW C1. Anfang 2000 bringt BMW den revolutionären Roller mit Sicherheitszelle, den man ohne Helm fahren darf. Angetrieben von einem Einzylinder von Rotax mit 15 oder 18 PS, soll der C1 die Rollerwelt revolutionieren. Mehr als 200 Kilogramm Eigengewicht, die zugige Zelle, das nicht ganz einfache Handling wegen des hohen Schwerpunktes und die eigenwillige Optik machten den C1 zum Flop. Nach etwas mehr als drei Jahren stellte BMW die Produktion ein und brachte auch keinen Nachfolger. Doch heute, heute werden die C1 wieder immer begehrter.

Foto: BMW

Das Schicksal, erst gehasst und heute richtig geliebt zu werden, das kennt die Blechbanane. Als Hummel von DKW, als Victoria 115 von Victoria oder als Express 115 von den Express Werken kam das Moped auf den Markt, das wegen seiner eigenwilligen Optik bald nur mehr Blechbanane genannt wurde. Verkauft hat sich die Hummel schlecht. Nicht nur, weil sie nicht gefiel, sondern auch weil sie für technische Mängel bekannt war. Heute ist das aber alles egal.

Foto: Massel210

Die Ducati Multistrada 1000S wartet noch auf den Tag, an dem man ihr grenzenlose Schönheit nachsagen wird. 2003 bringt Ducati seine Touren-Maschine im Stil der Big-Enduros. 84 PS aus dem 992 Kubikzentimeter großen luftgekühlten V2-Motor reichten den Reise-Ducatisti bei Weitem. Ein Top-Seller war die Multistrada trotzdem nicht, auch wenn ihr Fans ein perfektes Handling nachsagen.

Foto: Ducati

Mit dem Helix ging Honda neue Wege und erfand das Segment der Großraumroller. Beim Design griffen die Japaner ganz tief in die Kiste und brachten eine solche, vorne angespitzt, auf kleine Räder. Die 17 PS starken Viertelliter-Einzylinder-Roller kamen in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre auf den Markt, und wer mit offenen Augen durch Wien geht, wird auch heute noch durchaus oft einen von ihnen im Betrieb sehen.

Foto: Honda

Als Yamaha mit dem Giggle seinen ersten 50 Kubikzentimeter großen Viertakt-Einspritzer nach Europa brachte, war ihnen das allein nicht Schlagzeile genug. Dabei bringen die Japaner einen ordentlichen Drei-Ventiler mit – bei allen 28.000 Kilometern – fast schon lebenslangen Inspektionsintervallen. Daran kann sich heute kaum noch jemand erinnern. Das Design blieb uns aber im Gedächtnis. Und das, obwohl kaum Giggles auf der Straße unterwegs sind.

Foto: Yamaha

Mit 193 PS aus dem 1400er-Vierzylinder-Motor war die ZZR 1400 eine echte Macht. Nicht nur auf der Geraden, denn der bärenstarke Sporttourer, die stärkste Serienmaschine, die Kawasaki 2006 auf den Markt brachte, zeichnete sich durch ein agiles Handling wegen des fast schon supersportlichen Lenkkopfwinkels aus. Ach ja, und durch das eigenwillige Design mit den vier Scheinwerfern. Geschmackssache.

Foto: Kawasaki

In die ganz andere Richtung ging fast zur gleichen Zeit BMW, als sie mit der R 1200 ST ihren Sporttourer im Zyklopendesign vorstellten. Die halbverkleidete Deutsche mit dem luftgekühlten Boxer war ein durchaus gutes Motorrad. Keine Frage. Gut verkauft hat sie sich aber nicht. Und das lag nicht nur am Gummikuh-Nimbus, den sie damals noch mit sich schleppen musste.

Foto: BMW

1990 entwarf Philippe Starck für Alessi eine Zitronenpresse. Wunderschön, aber leider nicht ganz praktisch. Wenig später entwarf er für Aprilia die Moto 6.5. Erraten: Wunderschön, aber leider nicht ganz praktisch. Einen völlig neuen Zugang versprach sich Aprilia - na klar, Starck hatte von Motorrädern überhaupt keine Ahnung. Und das merkte man auch, wenn man sich auf die Moto setzte. Die unbequeme Sitzbank und die eigenartige Ergonomie trafen auf schlechte Verarbeitung und ein unmögliches Fahrwerk. Top of the Flops, könnte man sagen.

Foto: Aprilia

Der Rimineser Motorradhersteller Bimota hat sich vor allem mit dem Fahrwerk und dem eigenwilligen Design einen Namen gemacht. Bei der Mantra wollten sich die Italiener aber einmal auf die Stückzahlen konzentrieren, griffen zu einem Ducati-Motor und räumten ihm das Raue runter. Das Handling war gut, die 78 PS waren ordentlich. An der Frontmaske und dem Wurzelholzimitat im Cockpit scheiterten dann aber anscheinend doch einige Kaufverträge.

Foto: Bimota

2007 ringt sich Honda ein weiteres Mal durch, den Roller neu zu erfinden. Ein Crossover aus Motorrad und Großraumroller mit einem futuristischen Äußeren soll die Käufer anlocken. Die schütteln aber nur den Kopf, und die Verkaufszahlen bleiben wohl weit hinter den Erwartungen. Aber die DN-01 wird ein Schicksal ereilen wie viele andere Motorräder in der Reihe der Verschmähten: In wenigen Jahren wird sie - wegen des feinen Getriebes, des sänftenartigen Fahrwerks, vor allem aber wegen der einzigartigen Optik – wahnsinnig begehrt sein. Und dann werden die Preise steigen und steigen und steigen - weil es kaum Fahrzeuge am Markt gibt. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 1.12.2014)

Foto: Honda